Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat dem Dramatiker Rainald Goetz in Stuttgart den mit 25.000 Euro dotierten Schiller-Gedächtnis-Preis des Landes Baden-Württemberg verliehen. Der Preis würdigt das umfangreiche und vielfältige Gesamtwerk des 59-jährigen, der schon einmal im Jahr 1989 den Förderpreis des Schiller-Gedächtnis-Preises erhalten hatte. Fördergaben über je 7.500 Euro erhielten die beiden Berliner Dramatiker Mathilda Fatima Onur und Mario Salazar. Die Entscheidung wurde von einer unabhängigen Jury unter Vorsitz von Kunststaatssekretär Jürgen Walter getroffen.
„Mit Rainald Goetz wird einer der profiliertesten deutschen Gegenwartsautoren ausgezeichnet. Als Dramatiker und Erzähler greift er zeitkritische Themen auf und reflektiert die moderne Gesellschaft und deren Mechanismen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Mit seinem ganz eigenen Ton lote er dabei neue Ausdrucksformen aus und übernehme als Stimme der Moderne eine wichtige Rolle in der künstlerischen Auseinandersetzung mit den Konflikten der Gegenwart. Damit stehe Goetz in direkter Verbindung zum Namensgeber des Literaturpreises, Friedrich Schiller, der als Kritiker seiner Zeit ebenfalls Missstände angeprangert hat. Rainald Goetz sei Kult, heißt es unter anderem in der Begründung. Der ‚angry young man‘ der ‚Räuber‘ ebenso wie der späte ästhetische Menschenerzieher Schiller hätten ihre helle Freude an ihm gehabt.
Die beiden Fördergaben des Schiller-Gedächtnis-Preises seien Teil der Bemühungen des Landes, das deutsche Gegenwartstheater zu unterstützen, betonte der Ministerpräsident. Mathilda Fatima Onur habe nach Meinung der Jury bislang äußerst vielversprechende Texte vorgelegt. „Ihre Stücke beschreiben detailgenau und in perspektivischer Verengung Biographien, Träume und Lebensumstände ihrer Generation“, sagte Kretschmann. Mario Salazar behandle in seinen Stücken große zeitgenössische Themen, rücksichtlos und unbeeindruckt von Fragen der Aufführungspraxis. „Gerade mit ihrem kritischen Potential bilden Kunst und Kultur nicht zuletzt den Nährboden einer offenen und aufgeklärten Bürgergesellschaft“, unterstrich der Ministerpräsident.
Schiller-Gedächtnis-Preis
Der Schiller-Gedächtnis-Preis ist der bedeutendste Literaturpreis des Landes Baden-Württemberg und zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland. Die Auszeichnung wurde 1955 aus Anlass des 150. Todestages von Friedrich Schiller gestiftet und wird alle drei Jahre an verdiente deutschsprachige Literaten verliehen. Der Preis besteht aus einem Ehrenpreis für hervorragende deutschsprachige Autoren und zwei Förderpreisen für junge Dramatiker. Zu den bisherigen Preisträgern gehören u.a. Max Frisch, Golo Mann, Friedrich Dürrenmatt, Peter Handke, Botho Strauß und Tankred Dorst.
Die ausgezeichneten Persönlichkeiten
Rainald Goetz, geboren 1954 in München, studierte Medizin und Geschichte in München und Paris. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den Heinrich-Böll-Preis, den Wilhelm-Raabe-Preis, dreimal den Mühlheimer Dramatikerpreis und den Berliner Literaturpreis 2012. Weiterhin wurde er mit dem Literaturpreis der Preußischen Seehandlung und der damit verbundenen Heiner-Müller-Professur ausgezeichnet. Rainald Goetz lebt in Berlin.
Neben dem aktuellen Roman „Johann Holtrop“ erschienen von ihm u.a. folgende weitere Werke: „Irre“, „Krieg“, „Kontrolliert“, „Festung“, „Heute Morgen“ und „Loslabern“.
Mathilda Fatima Onur, geboren 1987 in Münster. Studium des Szenischen Schreibens an der Universität der Künste in Berlin. Am Dresdner Staatsschauspiel wurde 2010 im Rahmen eines Gruppenprojekts ihr Kurzstück „Friedrichstraße 23“ uraufgeführt. 2010/2011: Verfassen von Szenen für das Ensembleprojekt „Massensterben der Möglichkeiten“ am Deutschen Theater Berlin. Im Sommer 2012 Residency am Royal Court mit Unterstützung des Goethe-Instituts. Mathilda Fatima Onur lebt in Berlin.
Mit „Blinde Punkte, Sterne“ hat sie ein überraschendes und witziges Stück über junge Großstädter geschrieben.
Mario Salazar, geboren1980 in Berlin. Magisterstudium der Politikwissenschaft, Lateinamerikanistik und Nordamerikastudien an der Freien Universität Berlin und an der Universidad de Chile in Santiago. Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Regiehospitationen und -assistenzen bei Armin Petras und Milan Peschel am Maxim Gorki Theater Berlin. Eingeladen zu den Werkstatttagen 2010 des Wiener Burgtheaters, zum Stückemarkt des Berliner Theatertreffs 2011, zum Essener Stückemarkt („Stück Auf!2012“ gewann den Publikumspreis), zum Heidelberger Stückemarkt 2012 und zum „L‘obrador d‘estiu de la Sala Beckett“ 2012, Barcelona unter der Leitung von Simon Stephens. Sein Drama „Alles Gold was glänzt“ wurde im Herbst 2012 in der Regie von Milan Peschel am Theater Heidelberg uraufgeführt. Mario Salazar lebt in Berlin.