Die Historie zum Ort Tiergartenstraße 15

Ein Leben für die Kunst und das Gemeinwohl

Im Botschaftsviertel am Berliner Tiergarten schuf Dietrich Bangert mit der Landesvertretung ein unverwechselbares Gebäude in hoher architektonischer Qualität.

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Halle im Erdgeschoss der Villa von James Simon
Blick in einen an die Halle im Erdgeschoss angrenzenden Raum
Villa Tiergartenstraße 15a
Bronzetafel des Künstlers Johannes Grützke an der Fassade der Landesvertretung

James Simon (1851 - 1932): Ein jüdischer  Berliner, Unternehmer, Kunstsammler, Mäzen, Wohltäter und preußischer Patriot

James Simon wurde am 17. September 1851 als Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren und wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums absolvierte er seine Lehrzeit im Textilunternehmen Gebrüder Simon, das sein Vater Isaak gemeinsam mit seinem Bruder Louis Simon um 1850 gegründet hatte. James Simon wurde 1876 Teilhaber und übernahm den Betrieb nach dem Tod des Vaters im Jahr 1890. Die Firma gehörte zu den führenden Baumwollunternehmen in Europa. Mit 27 Jahren heiratete Simon Agnes Reichenheim, die Tochter von Leonor Reichenheim, einem angesehenen Textilunternehmer in Berlin. Die Simons bekamen drei Kinder, Helene, Heinrich und Marie Luise. 1886 zog die Familie in die von Carl Schwatlo erbaute Villa in der Tiergartenstraße 15a. Zu ihren Nachbarn dort gehörte unter anderem der berühmte Fotograf Erich Salomon. 

Der große Unternehmenserfolg erlaubte es James Simon seit 1885 eine bedeutende Kunstsammlung aufzubauen, die er zu großen Teilen den Berliner Museen stiftete. Das soziale Engagement des großen Mäzens ist aber ebenso bedeutend, denn seit den 1880er Jahren stiftete er kontinuierlich etwa ein Drittel seines beträchtlichen Einkommens für Vereine zum Schutz von misshandelten Kindern, Waisenhäuser und Ferienkolonien. Zudem unterstützte er maßgeblich den Hilfsverein der Deutschen Juden. Veränderungen in der Textilindustrie und die Inflation in den 1920er Jahren lösten einen drastischen Rückgang des Firmenumsatzes aus. So war James Simon gezwungen, 1921 großeTeile seines Wohnsitzes und einen Teil seiner Kunstwerke zu veräußern.

Die Büste der Nofretete

James Simons Interesse an der Kunst Mesopotamiens und Ägyptens ließ ihn zum bedeutendsten Förderer der deutschen Archäologie werden. 1898 war er an der Gründung der „Deutschen Orientgesellschaft“ (DOG) beteiligt und finanzierte ab 1899 die Grabungen in Babylon, ab 1911 in Tell El-Amarna. Höhepunkt war 1912 die Auffindung der Büste der Nofretete, die heute im Neuen Museum in Berlin ausgestellt wird. 1913 wurden die Funde aus Tell El-Amarna, mit Ausnahme der Nofretete-Büste, erstmals in Berlin gezeigt und lösten eine bis heute ungebrochene Ägypten-Begeisterung in Deutschland aus. Schon damals überlies Simon die Büste dem Königlichen Museum. Erst sehr viel später, 1922 zeigte man sie der Öffentlichkeit.

Die Tiergartenstraße 15a – Eine historische Adresse

Am heutigen Ort der Landesvertretung Baden-Württemberg stand die Villa von James Simon, in der er mit seiner Familie von 1886 bis 1927 lebte. Auf drei Etagen beherbergte sie eine umfangreiche und wertvolle Kunstsammlung. Hier empfing James Simon Gäste wie Kaiser Wilhelm II. Durch seine enge Verbindung zu Wilhelm von Bode wurde James Simon zum bedeutendsten Mäzen der Königlichen Museen. Seine systematisch aufgebaute Sammlung bestand aus insgesamt mehr als 10.000 Gemälden, Plastiken, Möbeln und Münzen aus dem 15. - 17. Jahrhundert. Die Objekte verteilen sich heute auf sieben Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin.

James Simon starb am 23. Mai 1932 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee beigesetzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Villa von James Simon wie die meisten Gebäude im Tiergartenviertel durch Luftangriffe zerstört. Soweit dies im Rahmen des latenten Antisemitismus jener Zeit möglich war, galt James Simon im Berlin der Wilhelminischen Ära als gesellschaftlich geachteter Bürger. Während der NS-Diktatur wurde er dann systematisch aus dem öffentlichen Bewusstsein gedrängt. Doch auch nach dem Krieg blieb ihm ein angemessenes Andenken lange versagt. In den 1970er Jahren richtete man in der Gemäldegalerie in West-Berlin in Erinnerung an James Simon einen Raum ein. Seit 2009 erinnert man in einem Saal des Bode-Museums an den großen Mäzen. Die James-Simon-Stiftung wurde 2006 gegründet und hält die Erinnerung an den großen Förderer durch zahlreiche Initiativen wach. Im Juli 2019 wurde die James-Simon-Galerie, das neue, zentrale Eingangsgebäude auf der Museumsinsel Berlin eröffnet. Noch im selben Jahr konnte das James-Simon-Kabinett an seinem ursprünglichen Ort im Bode-Museum wieder gezeigt werden. 

Am Ort des ehemaligen Wohnsitzes von James Simon würdigt die im Jahr 2000 in Berlin eröffnete Landesvertretung Baden-Württemberg den größten Berliner Mäzen. An der Fassade der Vertretung erinnert seit 2006 eine Bronzetafel des Künstlers Johannes Grützke an Simon. Im Kaminzimmer ist eine Replik der Büste der Nofretete an ihrem „ersten Wohnsitz“ in Berlin aufgestellt. Motive aus dem Leben von James Simon schmücken die Zimmer des Gästehauses. 


Fotos: (1) James Simon, (2) James-Simon-Galerie, (3) Halle im Erdgeschoss der Villa von James Simon (mit drei Durchgängen links, A, B, C), (4) Blick in einen an die Halle im Erdgeschoss angrenzenden Raum (Durchgang B, nach rechts zur Halle), (5) Villa Tiergartenstraße 15a, (6) Bronzetafel des Künstlers Johannes Grützke an der Fassade der Landesvertretung

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