Angesichts steigender Flüchtlingszahlen pocht Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf eine stärkere Kostenübernahme des Bundes. „Wir fordern eine pauschale Beteiligung des Bundes von 14.000 Euro pro Flüchtling im Jahr“, sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Die Länder brächten im Jahr insgesamt sieben Milliarden Euro für Flüchtlinge auf. Der Bund trage jetzt aber gerade einmal fünf Prozent der Gesamtkosten. „Das geht so nicht weiter“, sagte Kretschmann. An diesem Donnerstagabend gibt es ein Spitzentreffen von Bund und Ländern in Berlin zu dem Thema. Kanzlerin Angela Merkel will sich dann mit allen Ministerpräsidenten zusammensetzen.
Steigende Kosten für die Flüchtlingsunterbringung
Baden-Württemberg habe hohe finanzielle Rücklagen gebildet, erklärte Kretschmann. Nur so sei das Land in der Lage gewesen, die steigenden Kosten für die Flüchtlingsunterbringung zu stemmen. „Aber bei den finanzschwachen Ländern kracht es richtig. Die müssen sich verschulden oder Leistungen für ihre Bürger streichen. Das geht nicht.“ Der Bund wolle die Finanzfrage in die Verhandlungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen schieben. Dadurch entstünden auf allen Ebene Blockadesituationen.
Nach Angaben des Staatsministeriums in Stuttgart stiegen die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung in Baden-Württemberg innerhalb von vier Jahren von 30 Millionen Euro auf 330 Millionen Euro. Im laufenden Jahr geht das Bundesland von 52.000 Flüchtlingen nach 26.000 im vergangenen Jahr aus. Bundesweit wird ebenfalls mit einer Verdoppelung auf 400.000 Erstanträge auf Asyl gerechnet.
Bearbeitung der Asylverfahren beschleunigen
Kretschmann begrüßte, dass der Bund beim Spitzentreffen im Mai eine Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angekündigt hat. „Jetzt muss die Bearbeitung der Asylverfahren beschleunigt werden“, mahnte er. „Derzeit dauert es im Durchschnitt 44 Tage, bis ein Asylantrag überhaupt bearbeitet wird.“ Die Verfahren müssten aber in drei Monaten abgeschlossen sein - also in der Zeit, in der sich die Flüchtlinge in den Erstaufnahmestellen befänden. Danach werden sie auf die Stadt- und Landkreise verteilt.
Weiterer Diskussionspunkt am Donnerstag wird nach Kretschmanns Angaben die geplante Gesundheitskarte für Flüchtlinge sein, die der Bund bereits zugesagt habe. Bislang müssen Flüchtlinge erst zum Sozialamt, wenn sie akut erkrankt sind, um einen Behandlungsschein für einem Arztbesuch zu bekommen. Künftig sollen sie direkt selbstständig zum Arzt gehen können. „Es geht jetzt darum, wie der Leistungskatalog aussehen wird - ob ein Flüchtling die Leistungen wie jeder andere Kassenpatient auch bekommt“, sagte Kretschmann. „Ich bin dafür, denn alles andere wäre ein gewaltiger Aufwand.“ Nach seiner Einschätzung könnte die Gesundheitskarte bis zum 1. Januar kommen.
Weitere Forderung aus Baden-Württemberg: Der Bund und die Agentur für Arbeit sollen sich stärker bei den Integrations- und Sprachkursen für Flüchtlinge engagieren. Zudem müssten Flüchtlinge, die sich in Deutschland in Ausbildung befänden, für die Zeit einen gesicherten Aufenthaltsstatus bekommen. Das sei eine „sehr berechtigte Forderung“ der Wirtschaft, für die sich auch die Regierungschefs Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) und Volker Bouffier (Hessen) starkmachten.
Quelle:
dpa