Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam im Rahmen seiner Oberrheintour zu einem politischen Gespräch mit den Kantonsregierungen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt zusammen und informierte sich über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
„Ziel meiner Reise in die Schweiz und nach Frankreich ist es, den persönlichen Austausch mit den Regierenden der Grenzregionen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu stärken. Naturgemäß nimmt in der Schweiz die Diskussion über den Umgang mit der Masseneinwanderungsinitiative einen breiten Raum ein. Daneben haben wir aber weitere wichtige Themen wie die Hochschulzusammenarbeit oder Verkehrsthemen auf der Tagesordnung“, sagte Ministerpräsident Kretschmann im schweizerischen Sissach. Hier kam der Ministerpräsident am Vormittag zu einem politischen Gespräch mit den Kantonsregierungen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt zusammen und informierte sich am Nachmittag über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Besuch der Schweizerischen Rheinhäfen, der Geschäftsstelle der Internationalen Bauausstellung Basel 2020 und der INFOrmations- und BeratungsSTelle INFOBEST PALMRAIN, einer trinationalen Einrichtung für grenzüberschreitende Fragen.
„Würde mir großzügigere Regelungen für Grenzgänger wünschen“
„Ich hätte mir insgesamt natürlich ein anderes Ergebnis der Volksabstimmung gewünscht, aber wir respektieren es“, sagte Ministerpräsident Kretschmann. Er habe bereits mit Regierungsvertretern des Schweizer Bundesrates und der Grenzkantone Gespräche zu diesem Thema geführt. „Ich habe auch gegenüber den Kantonsregierungen der Kanton Basel-Stadt und Basel-Landschaft nochmals betont, dass die in vielen Bereichen wirklich gute und erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch die Masseneinwanderungsinitiative keineswegs in Frage gestellt wird“, so Kretschmann. Für Baden-Württemberg als direkten Nachbar zur Schweiz stünden im Rahmen der Zuwanderungsinitiative die Grenzgänger und die grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Fokus. „Da Grenzgänger ja naturgemäß keine Zuwanderer sind, sehen wir ehrlich gesagt auch keinen Grund, sie wie Zuwanderer zu reglementieren. Ich würde mir großzügigere Regelungen wünschen“, sagte Kretschmann. Problematisch seien für Baden-Württemberg auch die flankierenden Maßnahmen. „Die flankierenden Maßnahmen treffen aus unserer Sicht die Falschen: nämlich kleine Betriebe an der Grenze, für die bürokratische Hürden wie die Kautionsregel aufgebaut werden“, so der Ministerpräsident. „Die an der Grenze ansässigen Bürgerinnen und Bürger sowie die Kommunen und Betriebe leben den Geist der Freizügigkeit und haben ihren Alltag darauf eingestellt – so wie auch die Unternehmen in der Schweiz, die Fachkräfte benötigen. Diese große Errungenschaft hat mit zur besonderen Attraktivität der Grenzregionen beigetragen.“
Hochschulzusammenarbeit hat großes Potenzial
„Großes Potenzial hat aus meiner Sicht die Hochschulzusammenarbeit. Wir haben in Grenznähe viele herausragende Hochschulen auf allen Seiten, so dass es sich wirklich lohnt, diese Kräfte noch stärker zu bündeln“, so Kretschmann. Im Rahmen der trinationalen Metropolregion Oberrhein arbeiten die Hochschulen am Oberrhein bereits eng zusammen und haben sich spannende Ziele gesetzt: So wurde beispielsweise an der Universität Basel eine Forschungspotentialstudie für ein fachübergreifendes virtuelles Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit erarbeitet. „Außerdem gibt es Überlegungen, am Oberrhein eine europäische Großforschungseinrichtung anzusiedeln“, kündigte Kretschmann an. „Wir werden die Kooperationen nach der Schweizer Volksabstimmung selbstverständlich weiterführen und nicht zulassen, dass die bestehenden wissenschaftlichen Netzwerke mit Schweizer Partnern geschwächt werden.“
Austausch über Verkehrsprojekte
Im Bereich der Verkehrsprojekte tauschten sich die Delegationen unter anderem über die künftige Nutzung der A98, das Projekt Herzstück Regio S-Bahn Basel, die grenzüberschreitende Verlängerung der Tramlinie 8 nach Weil am Rhein und die Hochrheinbahn aus. „Die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ist ein wichtiges Projekt für Baden-Württemberg, aber natürlich auch für die Schweiz. Doch hier liegt die Finanzierungsverantwortung auf der deutschen Seite in erster Linie beim Bund, nicht beim Land“, so Kretschmann. Eine Lösung könne nur dann erreicht werden, wenn die Gesamtfinanzierung zu etwa gleichen Teilen auf die deutschen und Schweizer Partner verteilt werde. „Der von uns zugesagte Anteil von 2 Millionen Euro für die weitere Planung im Rahmen einer INTERREG-Kofinanzierung ist eine freiwillige Leistung. Unser Verkehrsminister stellt aus seinem wirklich begrenzten Etat dieses Geld bereit, da wir die Elektrifizierung für äußerst wichtig halten. Aber Landeshaushalte sind eigentlich nicht dafür ausgelegt, solche Infrastrukturprojekte mitzufinanzieren.“
Straßburg als weitere Station der Oberrheintour
Am Abend reist der Ministerpräsident weiter nach Straßburg. Hier wird er am Freitag unter anderem mit dem Regionalratspräsidenten Philippe Richert, dem Bürgermeister der Stadt Straßburg Roland Ries sowie Generalratspräsidenten und Präfekten zu Gesprächen zusammen kommen. Zudem wird er die deutsch-französische Kinderkrippe in Straßburg sowie ein Projekt der urbanen Neuordnung im Bezirk Deux Rives/Port du Rhin im Südosten Straßburgs besuchen.
Interview mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der „Schweiz am Sonntag“ am 29. Juni 2014