Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat eine positive Bilanz seines einwöchigen Besuches in China gezogen. „Es war eine sehr ertragreiche Reise“, sagte Kretschmann zum Abschluss am Samstag in Taicang vor den Toren der ostchinesischen Hafenmetropole Shanghai. Auch wenn das Wachstum im Reich der Mitte etwas abgeflaut sei, seien es immer noch rund sieben Prozent. „Es lohnt sich, sich hier anzusiedeln“, sagte Kretschmann. „Wir können mit unserer Kompetenz überall kooperieren und profitieren.“
„Es war eine sehr ertragreiche Reise“
Auch sein Vize, Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid,sagte: „Es gilt, in China präsent zu sein.“ Auch wenn das Wachstum „etwas wackeliger“ werde, bleibe die zweitgrößte Volkswirtschaft auf ihrem Entwicklungspfad. China mache Tempo bei den Innovationen, „auch wenn der große Sprung in der Breite noch nicht sichtbar ist“. Es müsse Verbesserungen beim Patentschutz und in der Rechtsstaatlichkeit geben. Ferner seien die Grenzen und Zensur des Internets „zunehmend ein Problem“ für deutsche Firmen und auch für Chinas Innovationsfähigkeit.
Die ostchinesische Stadt Taicang, wo sich die Rekordzahl von 230 Firmen aus Baden-Württemberg angesiedelt hat, war die fünfte und letzte Station der Reise von Kretschmann mit einer Delegation mit 120 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Zuvor hatten sie Peking, die beiden Partnerprovinzen Liaoning und Jiangsu sowie die Hafenmetropole Shanghai besucht. Im Mittelpunkt stand der Ausbau der Kooperation insbesondere bei nachhaltigen Technologien und im Bildungsbereich.
Für Kreativität und Innovation ist Freiheit unerlässlich
China sei sich bewusst, dass es mit Ressourceneffizienz auch wirtschaftlich besser vorankommt, sagte Kretschmann. Ökologie und Ökonomie schlössen sich nicht gegenseitig aus. Er habe bei seiner Reise auch versucht, die Forderung nach Freiheit und einer besseren Achtung der Menschenrechte an die Frage der Innovation und der Zukunftsfähigkeit „anzudocken“. Für Kreativität und Innovation sei Freiheit unerlässlich. Er habe zudem konkrete Menschenrechtsfälle wie den der inhaftierten Journalistin Gao Yu, die auch für die Deutsche Welle gearbeitet hat, sowie zweier festgenommener Anwälte angesprochen.
Die Delegation besuchte in Taicang den Standort der Kern-Liebers-Gruppe aus Schramberg (Kreis Rottweil), der schon 1993 gegründet wurde. Kretschmann nannte den Mittelständler, der Präzisionsteile mit Schwerpunkt in Federn und Stanzteilen vor allem für die Auto- und Textilindustrie herstellt, einen „Pionier“. Kern-Liebers hat auch andere Firmen in das wirtschaftsfreundliche Taicang gebracht, wo heute mehr baden-württembergische Unternehmen als anderswo in China vertreten sind. Der Regierungschef besuchte auch ein Werk der Autosparte des Familienunternehmens Fischer aus Waldachtal (Kreis Freudenstadt).
Es war der erste Besuch eines baden-württembergischen Regierungschefs in China seit 21 Jahren. In der Delegation reisten Unternehmensvertreter und fünf Minister mit. Mit 120 Mitgliedern war die Gruppe größer als die Begleitung von Kanzlerin Angela Merkel sein wird, die am Donnerstag zu einem zweitägigen Besuch nach China reisen wird. Am Sonntag wird Kretschmann wieder in Stuttgart erwartet, während Wirtschaftsminister Schmid noch einen Besuch in Singapur anhängt.
Quelle:
dpa/lsw