„Die Tongji-Universität ist ein Beleg für eine lange Verbundenheit zwischen China und Deutschland und ein Zeichen der Vernetzung zwischen den Kulturen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich seiner Grundsatzrede an der Tongji-Universität in Shanghai.
„In unserer Welt haben sich nicht nur die Waren- und Finanzströme globalisiert. Durch die digitale Vernetzung fast aller Lebensbereiche rücken uns die Chancen, aber auch die Probleme der Welt fast in Echtzeit auf den Leib“, so Kretschmann. Ein Beispiel sei die aktuelle Flüchtlingskrise: „Diese Flüchtlingskrise ist kein europäisches Problem, es ist eines der ganzen Welt“, zitierte der Ministerpräsident Barack Obama.
Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaften als globale Herausforderungen
Weitere globale Herausforderungen seien aber auch der Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaften und Handeln. „Wie alle anderen Industrieländer hat China erkannt, dass das Wachstum der Wirtschaft ohne Nachhaltigkeit gewaltige soziale, gesundheitliche und ökologische Probleme schafft“, betonte Kretschmann. „Wir müssen eine effiziente Umweltpolitik betreiben, die ihre Standards trotz des nötigen Wirtschaftswachstums einhält, auf das ja besonders die ärmeren Länder angewiesen sind.“ Die Bepreisung von Emissionen sei dafür ein geeignetes marktwirtschaftliches Instrument und der geeignete Ordnungsrahmen für eine solche Politik. „Und auch wenn die Natur keine Ware ist: Innerhalb dieses Ordnungsrahmens müssen wir die Green Economy entwickeln“, so der Ministerpräsident. Green Economy sei ein zentrales strategisches Ziel in Chinas aktuellem Fünfjahresplan. Und Green Economy sei auch der Kern baden-württembergischer Politik.
Grenzüberschreitende Zusammenschlüsse und Abkommen zwischen Regionen sind wirksame Elemente dieser Klimapolitik“, unterstrich der Ministerpräsident. Dazu sollen, neben eigenen Aktivitäten, der gegenseitige Austausch und die Kooperation über Grenzen hinweg gestärkt werden. „Weltweiten Kooperationen zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, denn ich bin überzeugt, dass die großen Fragen unserer Zeit letztlich nur mit Hilfe der Wissenschaft beantwortet werden können“, betonte Kretschmann.
Wirtschaftswachstum von Naturverbrauch entkoppeln
„Technische und wissenschaftliche Innovationen, wie beispielsweise neue Speichertechnologien, intelligente Energienetze oder neue Produktionsverfahren, dürfen aber nicht auf dem Papier bleiben, sondern müssen via Technologietransfer zur Marktreife gelangen“, forderte der Ministerpräsident. Ein Schwerpunkt der Innovationsförderung in Baden-Württemberg liege deshalb auf Projekten, die gemeinsam von Wissenschaft und Wirtschaft durchgeführt werden sowie auf der Förderung von Cluster, Netzwerken und Plattformen. „Innovationsgeist und eine kreative Gründermentalität sind die wesentlichen Treiber bei der ökologischen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Und auch die digitale Revolution kann entscheidend dazu beitragen, das große Ziel einer Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Naturverbrauch in greifbare Nähe zu rücken. Neben einem ökologisch-sozialen Ordnungsrahmen, intelligent verzahnten Strukturen und ausreichend finanzieller Förderung setzen sie aber vor allem eines Voraus: Freiheit“, so Kretschmann.
Innovation braucht Freiheit
„Mein Menschenbild ist das des Bürgers, der seine Verantwortung in Freiheit und seine Freiheit verantwortlich wahrnimmt. Nun weiß ich, dass wiederum Konfuzius gelehrt hat, dass Freiheit erst durch Ordnung entsteht“, sagte der Ministerpräsident. Doch diese Ordnung müsse eine Ordnung sein, die auf der Würde des Menschen und auf den grundlegenden Menschenrechten beruhe. „Die Freiheit der Bürger, ihre Meinung frei zu äußern und zu verbreiten, ist für eine zukunftsorientierte Gesellschaft meiner Ansicht nach unerlässlich“, so Kretschmann.