Kunst

Baden-Württemberg Vorreiter in der Provenienzforschung

Der spektakuläre Kunstfund Gurlitt lenkte das öffentliche Interesse auch auf den Umgang des Landes Baden-Württemberg mit während der Zeit des Nationalsozialismus widerrechtlich angeeigneten Kulturgütern. „Baden-Württemberg stellt sich seiner Verantwortung in einer besonderen Weise, um die Kulturgüter, die den Verfolgten des Naziregimes entzogen worden sind, zu ermitteln und zurückzugeben“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Es ist unsere Aufgabe, die Anspruchsberechtigten zu finden und diese Kulturgüter in die richtigen Hände zurückzugeben.“

Hierzu arbeiten drei Provenienzforscherinnen an den vier betroffenen staatlichen Museen - der Staatsgalerie, dem Landesmuseum Württemberg in Stuttgart sowie dem Badischen Landesmuseum und der staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe. Zur Finanzierung der notwendigen Stellen erhielten diese Museen vom Bund über einen Zeitraum von drei Jahren befristet die Hälfte der notwendigen Mittel als Zuschuss, so der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Jürgen Walter. „Seit 2013 trägt das Land Baden-Württemberg die Kosten zu 100 Prozent“, erklärte Staatssekretär Walter und betonte: „Dieses Vorgehen ist bislang bundesweit einmalig. Wir werden dieses Engagement bis auf Weiteres fortführen und zwar so lange es braucht, die Herkunft der Bestände zu untersuchen.“

Insgesamt 28 Anträge in Baden-Württemberg anhängig

Derzeit seien an den vier betroffenen Museen des Landes insgesamt 28 Anträge auf Herausgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter anhängig. „Rund zwei Drittel davon wurden seit der Einstellung der drei Provenienzforscherinnen eingeleitet“, sagte Walter. „13 Fälle gehen unmittelbar auf die Recherchen der Wissenschaftlerinnen zurück.“

Von insgesamt 20 Restitutionsverfahren, die in den vergangenen zwölf Jahren offiziell abgeschlossen wurden, konnte in 18 Fällen der jeweilige Kunstgegenstand an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden. Bei den übrigen beiden Verfahren erwiesen sich die geltend gemachten Ansprüche als unbegründet, woraufhin die Antragsteller sie zurückgezogen haben. „Bei den Restitutionsverfahren handelt es sich in der Regel um die Herausgabe von Gemälden aus früheren Beständen jüdischer Kunstsammler an heute überwiegend in den USA lebende leibliche Nachkommen oder weltweit verstreute Erbengemeinschaften“, erläuterte Staatssekretär Walter. Es gehe aber auch um Skulpturen, Porzellanfiguren und Gobelins, eine komplette Keramiksammlung sowie Tisch- und Taschenuhren, Goldmünzen oder ein Relief, für die von Seiten der Anwälte bisweilen auch der Rückkauf durch das jeweilige Museum vorgeschlagen wird. In mehreren der aktuellen Fälle handle es sich um kunsthistorisch bedeutsame und wertvolle Gemälde, wie zum Beispiel um Franz Marcs „Kleine, blaue Pferde“ oder die „Barfüßerkirche in Erfurt“ von Lionel Feininger, die beide im Besitz der Staatsgalerie sind. In einem Drittel der 18 Verfahren, die zur Herausgabe des jeweiligen Kunstgegenstandes führten, kaufte ihn das betroffene Museum des Landes wieder zurück. In einem weiteren Fall wurde das Gemälde als Ergebnis der Verhandlungen nach den Prinzipien der „Washingtoner Erklärung“ vom Anspruchsteller bis heute im Museum belassen.

Bis vor wenigen Wochen gehörte auch das Gemälde „Don Juan Bautista Goicoechea y Urrutia“ von Francisco de Goya aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe dazu. „Nach mehr als drei Jahren aufwändiger Recherchen gelang es, die Lücke in der Provenienz des Bildes mit dem Hinweis auf einen Hamburger Sammler zu schließen“, unterstrich Jürgen Walter. Dieser hatte das Gemälde nachweislich bereits 1919 erworben, wo es bis 1964 im Familienbesitz blieb, bevor es dann an die Staatliche Kunsthalle verkauft wurde. Mittlerweile haben die Erben des früheren jüdischen Eigentümers von sich aus ihre Restitutionsansprüche zurückgezogen.

Rückgabe des Gemäldes „Die Palasttreppe“ von Franceso Guardi

In einem aktuellen Fall geht es um die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter: Das Gemälde „Die Palasttreppe“ von Francesco Guardi ist in den Nachkriegswirren auf verschlungenen Wegen in das Kurpfälzische Museum Heidelberg gelangt. Von dort wurde es nach seiner Auffindung in das Depot der Staatsgalerie verbracht, wo es bis zur Rückgabe an die Republik Polen verwahrt wird. Verschiedene Vorstöße von Seiten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst gegenüber dem Auswärtigen Amt und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in den letzten Jahren wurden abgelehnt. Die Begründung: Über solche Rückgaben sei im Zusammenhang mit den deutsch-polnischen Verhandlungen zur Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter zu entscheiden. Zuletzt argumentierte das Auswärtigen Amt im September 2013 so. Bisher hat das Land Baden-Württemberg davon abgesehen, das Gemälde gegen den Willen des Bundes einseitig zurück zu geben. „Diese Haltung kann aber nicht länger vertreten werden“, sagte Jürgen Walter. „Die Umstände der widerrechtlichen Aneignung dieses Gemäldes durch die Nationalsozialisten im Nationalmuseum in Warschau lassen die Rückgabe als zwingend erscheinen.“ Im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst wurde deshalb bereits im Herbst 2013 entschieden, dass das Gemälde nun zurückgegeben wird. Dies wird derzeit unter Federführung von Staatsekretär Walter vorbereitet. Inzwischen hat auch das Auswärtige Amt Zustimmung signalisiert.

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