„Wir haben viele Themen, die uns gemeinsam berühren. Einige sind sehr schwierig und kaum so zu lösen, dass alle Beteiligten zufrieden gestellt werden können. Wichtig ist aber, die nachbarschaftlichen Beziehungen zu festigen und wichtig ist auch, dass wir solche Themen gemeinsam erörtern und nicht nur gegeneinander argumentieren“, sagten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landammann Susanne Hochuli anlässlich des Besuchs der Aargauer Kantonsregierung in Stuttgart. Baden-Württemberg sei für den Aargau das Tor zum Norden, der Aargau für Baden-Württemberg das Tor zum Süden, so Hochuli. Beide Regierungen betonten, dass sich die engen wirtschaftlichen und persönlichen Verknüpfungen auch in der Politik widerspiegeln sollen.
„Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist eine Erfolgsgeschichte“, betonte Kretschmann. Im Rahmen der Oberrheinkonferenz, der Trinationalen Metropolregion Oberrhein oder auch der Hochrheinkommission habe man die grenzüberschreitende Vernetzung von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wirkungsvoll vorangetrieben. Beispielhaft sei zudem die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich, unter anderem durch die gemeinsame Nutzung von Polizeiausbildungsplätzen. „Mit dem heutigen Treffen konnte die bereits enge und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen noch verstärkt und konkretisiert werden. Das gegenseitige Vertrauen wird uns helfen, die anstehenden und kommenden grenzüberschreitenden Herausforderungen zu meistern“, so die Aargauer Frau Landammann Susanne Hochuli.
Gemeinsam werde man am 21. und 22. Juni 2012 auch eine wissenschaftlich-politische Studientagung zu Fragen der Bürgerbeteiligung und direkten Demokratie in Aarau durchführen. Mehr als hundert Vertreter aus Exekutiven und Legislativen beider Regionen werden neue Ansätze der Bürgerbeteiligung diskutieren. „Die Schweiz praktiziert seit vielen Jahren ein erfolgreiches System der direkten Demokratie. Mir ist klar, dass wir dieses System nicht einfach nach Baden-Württemberg übertragen können. Wir wollen unsere historisch gewachsene repräsentative Demokratie, die ihre Berechtigung hat, nicht vollkommen umgestalten. Aber wir wollen von der Schweiz lernen“, so Kretschmann.
Im Hinblick auf die Fluglärmproblematik setzt Kretschmann weiterhin auf eine Verhandlungslösung: „Die gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz sind mir sehr wichtig. Klar ist aber, dass es meine primäre Aufgabe ist, die Bevölkerung in Südbaden so weit als möglich vor Fluglärm zu schützen. Ich kann nur dafür werben, dass die Schweiz in den weiteren Verhandlungsrunden substanziell einlenkt“, so der Ministerpräsident.
Für Susanne Hochuli ist klar: „Ein regelmäßiger Dialog ist wichtig. Lösungen in emotional teilweise schwierigen und politisch-umstrittenen Geschäften kann man nur finden, wenn man auch der Gegenseite zuhört und ihre Argumente kennt. Der Flughafen Zürich betrifft nicht nur den Kanton Zürich. Er ist auch Flughafen der Nordschweiz und Verkehrsdrehscheibe, die über die Landesgrenze hinaus genutzt wird.“
Bei Bahnprojekten wie der Rheintalbahn habe man in den letzten Monaten einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht. Daneben müsse die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke zwischen Basel, Bad Säckingen, Waldshut und Schaffhausen vorangetrieben werden. „Die Maßnahme bringt sowohl für Baden-Württemberg als auch für die Schweizer Grenzkantone hohe verkehrliche Vorteile durch grenzüberschreitende und umsteigefreie Verbindungen entlang des gesamten Grenzkorridors“, sagte Ministerpräsident Kretschmann.
Auch das Thema Energie betreffe den Kanton Aargau und Baden-Württemberg gleichermaßen. „Wir sind uns hier in vielen Themen einig: Wir setzen beispielsweise beide bei unseren Energiestrategien auf den Ausstieg aus der Atomenergie und auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz“, unterstrich Kretschmann. Hier gäbe es auch Möglichkeiten für eine vertiefte Zusammenarbeit. Der energiepolitische Dialog werde nun auf Arbeitsebene weitergeführt. Der Ministerpräsident forderte in der Diskussion über die Energiepolitik erneut, dass die Schweiz Kommunen auf deutscher Seite in einem Umkreis von 30 Kilometern anstatt bislang 5 Kilometern um mögliche Endlagerstandorte Beteiligungsrechte im Suchverfahren einräumt. Susanne Hochuli betonte: „Bei der Suche nach einem Standort für Tiefenlager in der Schweiz wird auch das benachbarte Ausland frühzeitig einbezogen. Die Sicherheit des Standorts hat sowohl für den Bund als auch für den Kanton Aargau oberste Priorität. Die deutschen Gemeinden, Regionen und das Bundesland Baden-Württemberg sind gemäß ihrer Betroffenheit direkt in den Planungsprozess und in die jeweiligen Arbeitsgruppen einbezogen. Sie können sich praktisch gleich am Verfahren beteiligen und dazu äußern wie die Behörden auf Schweizer Seite.“
Quelle:
Staatsministerium Baden-Württemberg