Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich stellte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung des Bundesrates am 22.03.2013 vor. Mit 90 Punkten ist diese ungewöhnlich umfangreich. Hervorzuheben sind die besonders zahlreichen Initiativen von Ländern sowie eine große Zahl an Gesetzesbeschlüssen des Bundestages und Gesetzentwürfen der Bundesregierung.
Initiativen Baden-Württembergs
Baden-Württemberg ist gemeinsam mit Hessen Antragsteller eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (TOP 25). Es geht hierbei um eine bessere Versorgung der Bevölkerung bei medizinischen Notfällen. Insbesondere soll der Rettungsdienst im Sozialgesetzbuch V auf eine eigene Grundlage gestellt werden. Ziel ist ein präziserer Einsatz bei Notfällen. Außerdem sollen die Länder den ärztlichen Bereitschaftsdienst künftig in das Notrufsystem der Leitstellen einbeziehen können. Die Vorlage soll nach der Vorstellung im Plenum in den Ausschüssen beraten werden.
Einem Antrag Hamburgs zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (TOP 26) war Baden-Württemberg bereits im vergangenen Jahr beigetreten. Inzwischen haben die Ausschüsse ihre Beratungen abgeschlossen und empfehlen übereinstimmend, den Entwurf beim Bundestag einzubringen. Unter anderem sollen mit der Gesetzesänderung jugendliche geduldete Ausländer, die sich integriert haben, leichter eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Voraussichtlich wird der Bundesrat den Entwurf beim Bundestag einbringen.
Für die Ausschussberatungen vorgesehen ist ein Gesetzentwurf der Länder Hamburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (TOP 29). Der Entwurf will die Situation von Wohnungssuchenden im Hinblick auf Maklerprovisionen verbessern. So soll zum Beispiel nur der Wohnungssuchende, der zur Anbahnung von Wohnraummietverhältnissen als erster einen Makler „ins Boot holt“ auch die Maklerprovision zahlen müssen (Bestellerprinzip).
Daneben ist Baden-Württemberg einer der acht Antragsteller eines Gesetzentwurfes zur Aufhebung des Betreuungsgeldgesetzes (TOP 87). Die Landesregierung ist der Auffassung, dass frühkindliche Bildung – unabhängig von Herkunft und sozialem Umfeld – der Schlüssel zu lebenslangem Lernerfolg ist. Defizite könnten dadurch bis zum Schuleintritt ausgeglichen werden. Mit der Einführung des Betreuungsgeldes werde dieses Ziel konterkariert. Die hierfür aufzuwendenden erheblichen Mittel, seien besser für den weiteren Ausbau von Bildungs- und Betreuungsangeboten für unter dreijährige Kinder einzusetzen. Es ist beantragt, ohne vorherige Ausschussberatungen über die Einbringung des Entwurfes beim Bundestag zu entscheiden.
Dem Gesetzesantrag mehrerer Länder zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (TOP 88) wird Baden-Württemberg als Mitantragsteller beitreten. Nachdem in seiner letzten Sitzung der Bundesrat die Einbringung eines Gesetzentwurfs zur steuerrechtlichen Gleichstellung der Lebenspartnerschaften mit der Ehe beim Bundestag beschlossen hatte, soll nunmehr durch eine Ergänzung im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe verbunden mit allen Rechten und Pflichten eingehen können. Es ist beantragt, ohne vorherige Ausschussberatungen über die Einbringung des Entwurfes beim Bundestag zu entscheiden.
Schließlich wird Baden-Württemberg einem Entschließungsantrag Hamburgs zum Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union (TOP 90) als Mitantragsteller beitreten. Mit der Entschließung soll der Bundesrat sich für die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit kroatischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bereits in der ersten Phase des Beitritts aussprechen. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gehöre zu den vier fundamentalen Grundfreiheiten der EU. Außerdem seien aus Kroatien keine größeren Migrationsströme zu erwarten. Es ist beantragt, ohne vorherige Ausschussberatungen über die Fassung der Entschließung zu entscheiden.
Gesetzesbeschlüsse des Bundestages
Der Bundesrat hat über 22 Gesetzesbeschlüsse des Bundestages zu entscheiden. Dazu zählt das Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (TOP 4), welches der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die neuen Bestimmungen zielen darauf ab, den Einsatz von Antibiotika auf das zur Behandlung von Tierkrankheiten absolut notwendige Maß zu beschränken und die Befugnisse der zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Länder deutlich zu erweitern. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt, den Vermittlungsausschuss einzuberufen. Zu den 18 Einzelanrufungsgründen gehören z. B. Forderungen nach einer zentralen Datenbank, die die Länder gemeinsam nutzen können sowie Regelungen für einen noch sorgfältigeren Umgang mit Antibiotika. Baden-Württemberg wird für die Einberufung des Vermittlungsausschusses stimmen.
Auch zum Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (TOP 12) empfehlen mehrere Ausschüsse, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen. Das Gesetz enthält einzelne Regelungen des Jahressteuergesetzes 2013 – z. B. zur Umsetzung von EU-Recht zur Vermeidung von Vertragsverletzungsverfahren –, das bisher nicht zustande gekommen ist. Im Vermittlungsausschuss soll der im Dezember 2012 zum Jahressteuergesetz 2013 erzielte umfassende Kompromiss – mit Ausnahme der Gleichstellung der Lebenspartnerschaften – in das Gesetz eingefügt werden. Baden-Württemberg stimmt für die Einberufung des Vermittlungsausschusses.
Im Hinblick auf Fragen der Transparenz und der Beteiligung der Öffentlichkeit insbesondere bei Großprojekten ist das Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (TOP 15) von großem Interesse. Neben Regelungen, die der Verfahrensbeschleunigung dienen sollen, wird ein neues Instrument der „frühen Öffentlichkeitsbeteiligung“ eingeführt. Der Umweltausschuss kritisiert das Gesetz als nicht weitgehend genug und empfiehlt die Einberufung des Vermittlungsausschusses. Baden-Württemberg wird hierzu noch einen Plenarantrag mit einem weiteren Anrufungsgrund einreichen. Kernpunkt ist die weitere Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung z. B. durch die Verpflichtung der Träger, die Behörden über ihre Vorhaben zu informieren.
Mehrere Tagesordnungspunkte widmen sich dem Thema Finanzmarktregulierung: dazu gehören das Hochfrequenzhandelsgesetz (TOP 11), der Entwurf eines Gesetzes zum Trennbankensystem (TOP 39) sowie der Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Finanztransaktionssteuer (TOP 69). Ziel dieser neuen Regelungen ist die Festlegung eines neuen Ordnungsrahmens auf dem Finanzmarkt. Es ist davon auszugehen, dass zu dem Hochfrequenzhandelsgesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht beantragt wird. Baden-Württemberg wird aber eine Entschließung unterstützen, welche kritisiert, dass das Gesetz zu kurz greift und z. B. durch den Ausschluss bestimmter Handelsvarianten wie Warentermingeschäften und Staatsanleihen vom Hochfrequenzhandel hätte ergänzt werden müssen. Zum Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Finanztransaktionssteuer wird Baden-Württemberg noch einen Plenarantrag stellen. Danach soll der Bundesrat den Prüfauftrag des Europäischen Rates, ob die Finanztransaktionssteuer die Grundlage für eine neue Eigenmittelkategorie für den EU-Haushalt werden könnte, begrüßen. Voraussetzung hierfür soll die entsprechende Rückführung der nationalen Beiträge sein.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund