Bundesratsminister Peter Friedrich stellte in Berlin die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 23.05.2014 vor.
Gesetzentwürfe der Bundesregierung
Das vermutlich wichtigste Thema der kommenden Bundesratssitzung ist die Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) sowie die Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen (TOP 16 a/b). Der Bundesrat befasst sich parallel zum Deutschen Bundestag im ersten Durchgang mit dem Gesetzespaket. Zu den beiden Gesetzesvorhaben der Bundesregierung haben die beteiligten Fachausschüsse umfassende Stellungnahmen mit über 100 Änderungsvorschlägen erarbeitet.
Eine Einigung auf die wichtigsten Eckpfeiler der zukünftigen Förderung von Erneuerbaren Energien gab es jedoch bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 1. April. Die Beschlüsse der Fachausschüsse befassen sich daher überwiegend mit Detailregeln, die bislang nicht Gegenstand der Einigung waren. Unterschiedliche Auffassungen zu den gemeinsam von den Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin gefassten Beschlüssen gibt es jedoch beim Thema Eigenstrom. Der baden-württembergische Ministerpräsident hatte sich dafür eingesetzt, dass sich die Höhe der EEG-Umlagebefreiung an der eingesetzten Technologie und nicht an der Branchenzugehörigkeit orientieren solle. So sollte regenerativ erzeugter Eigenstrom höher befreit werden als der Strom aus fossiler Erzeugung. Dies hat die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf nicht umgesetzt. Sie privilegiert Industrieunternehmen weitgehender als Dienstleistungs-, Handelsunternehmen sowie private Erzeuger unabhängig von der Art der zur Eigenstromerzeugung eingesetzten Technologie. Dies trifft den baden-württembergische Mittelstand und schmälert die Absatzmöglichkeiten der Photovoltaikbranche.
Neben den Regelungen zum Eigenstrom sind verpflichtende Ausschreibungen ab dem Jahr 2017 und die Stichtagsregelung die bestimmenden Themen der derzeit laufenden Ressort- und Länderabstimmung. Für Baden-Württemberg ist entscheidend, den Industriestandort nicht zu schwächen, den Mittelstand nicht zu benachteiligen, die Photovoltaikunternehmen im Land zu stützen, sowie die Ausbaudynamik – insbesondere von Wind an Land – nicht auszubremsen. Gerade beim Thema Wind an Land konnten jedoch schon von den Ministerpräsidenten entscheidende Verbesserungen gegenüber den Plänen der Bundesregierung durchgesetzt werden.
Hervorzuheben ist zudem der Gesetzentwurf zur Stärkung der Tarifautonomie (TOP 8). Der Gesetzentwurf sieht insbesondere die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns als Bruttostundenlohn von 8,50 Euro zum 1. Januar 2015 vor. Ausnahmen gelten für Jugendliche unter 18, Auszubildende, Ehrenamtliche, Praktikanten und Langzeitarbeitslose. Eine Übergangsregelung für laufende Mindestlohntarifverträge (auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes) gibt es bis Januar 2017. Die von den Ausschüssen vorgelegte Stellungnahme sieht nur wenige und überwiegend fachliche Ergänzungen vor. Baden-Württemberg unterstützt wie voraussichtlich die Mehrheit der Länder diese Empfehlungen weitestgehend.
Etwas kontroverser waren die Diskussionen zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (TOP 11). Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Beitragssatz ab 2015 von jetzt 15,5 auf 14,6 Prozent sinkt, wobei der hälftige Arbeitgeberanteil von 7,3 Prozent dauerhaft gesetzlich festgeschrieben wird. Daneben ist auch die Gründung eines unabhängigen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen in Form einer Stiftung vorgesehen.
Gegenstand der Kritik war zum einen die Frage nach der Länderbeteiligung im Hinblick auf die Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie die dauerhafte Begrenzung des Finanzierungsanteils der Arbeitgeber auf 7,3 Prozent der Beiträge.
Aufmerksamkeit hatte zuvor bereits der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (TOP 12) erlangt, der dem Bundesrat ebenfalls im ersten Durchgang zur Beratung vorliegt. Gegenstand des Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist die Abschaffung der Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern, wobei „in Deutschland aufgewachsen“ bedeutet, dass die Betreffenden bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres sich acht Jahre in Deutschland aufgehalten oder sechs Jahre eine Schule in Deutschland besucht haben oder über einen deutschen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung verfügen.
In den beteiligten Ausschüssen wurde der Gesetzentwurf dahingehend kritisiert, dass keine vollständige und vorbehaltslose Abschaffung der Optionspflicht vorgesehen sei. Zudem wurde eine Anpassung bezüglich der sogenannten Altfälle gefordert, auf notwendige Anpassungen im Melderecht sowie eine Regelung für die bereits im Prüfverfahren befindlichen Personen hingewiesen. Schließlich sieht die Stellungnahme vor, dass das Gesetz um eine Evaluationsklausel zu ergänzen ist. Baden-Württemberg unterstützt diese Empfehlungen. Diese decken sich weitestgehend mit den Intentionen des im März 2014 von Baden-Württemberg gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufhebung der Optionsregelung.
Initiativen der Länder
Zu den Initiativen, die Baden-Württemberg als Antragsteller eingebracht hat und die am kommenden Freitag im Plenum beraten werden, gehört die Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen (TOP 45). Mit der Bundesratsinitiative fordert Baden-Württemberg die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für einheitliche Steuerrechtsstandards einzusetzen. Ziel ist es, Steuerschlupflöcher zu schließen. Vor allem soll es künftig keine sogenannten weißen Einkünfte mehr geben. Das sind grenzüberschreitende Einkünfte, die weder in dem einen noch in dem anderen Land versteuert werden müssen. Und es sollen Betriebsausgaben nicht mehr doppelt steuerlich abzugsfähig sein.
Weitere Forderungen zielen auf die Angleichung der Steuersätze in Europa und die Einführung einer Pflicht zur Registrierung von internationalen Steuergestaltungen in Deutschland. Baden-Württemberg hat die sofortige Sachentscheidung über die Frage der Fassung der Entschließung beantragt.
Zudem hat Baden-Württemberg inzwischen die Mitantragstellung bezüglich der Entschließung des Bundesrates zu „Jugend trainiert für Olympia“ beschlossen. Im Mittelpunkt der Initiative steht die Forderung an den Bund, die finanzielle Zuwendung für das Bundesfinale von Jugend trainiert für Olympia und Jugend trainiert für Paralympics weiterhin in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen und die geplante Kürzung zurückzunehmen. Auch dazu wurde sofortige Sachentscheidung beantragt.