Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich stellte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung des Bundesrates am 18. Dezember vor.
Gesetzesbeschlüsse und -vorhaben zur Energiewende
Den Schwerpunkt der 940. Bundesratssitzung bilden mehrere Gesetzesbeschlüsse bzw. Regierungsentwürfe zur Umsetzung der Energiewende. Dazu zählen zum einen die Novelle des KWK-Gesetzes (TOP 18) sowie das Gesetz zu den Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus (TOP 19). Mit der Novelle zum KWK-Gesetz soll sichergestellt werden, dass die hoch effiziente und klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der weiteren Umsetzung der Energiewende spielt. Das Gesetz erhöht hierzu den Förderdeckel von 0,5 Mrd. Euro auf 1,5 Mrd. Euro und sieht eine verbesserte Förderung von neuen KWK-Anlagen sowie eine Bestandsförderung für Anlagen, die ins öffentliche Netz einspeisen, vor. Zudem soll gezielt die Umstellung auf eine besonders CO2-arme Erzeugung durch Gas unterstützt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der Länder das Gesetz billigt. Baden-Württemberg wird zudem eine Begleitentschließung unterstützen, welche die Novelle als notwendige Planungssicherheit ausdrücklich begrüßt. Positiv wird zudem die im Bundestagsverfahren eingebrachte Besserstellung von Energiedienstleistern und Contractoren (sowohl Industrie als auch Mietstrommodelle) hervorgehoben. Darüber hinaus mahnt die Entschließung eine Fortsetzung der Ausbauziele auch über das Jahr 2020 hinaus an und plädiert weiterhin für eine anzustrebende Quote von 25 Prozent KWK-Anteil statt der nun festgeschriebenen 20 Prozent.
Die Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus sind in den parlamentarischen Beratungen noch umfassend geändert worden. Danach wurde ein genereller Vorrang der Erdverkabelung beim Bau neuer Hochspannungs-Gleichstrom-Leitungen aufgenommen. Dies soll u.a. dazu beitragen, dass die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für die großen Stromtrassen erhöht wird und somit der Netzausbau beschleunigt wird. Die Regierungsfraktionen hatten sich auf diesen Kompromiss trotz der wesentlich höheren Projektkosten verständigt. Nach der derzeitigen Einschätzung wird dieses Gesetz vom Bundesrat gebilligt werden. Auch Baden-Württemberg unterstützt das Gesetz.
Außerdem liegt der Länderkammer der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Strommarktes (TOP 33 a) sowie der Gesetzesentwurf zur Digitalisierung der Energiewende (TOP 33 b) vor, mit denen der Strommarkt weiterentwickelt und an eine immer volatilere Einspeisung durch Erneuerbare Energien angepasst werden soll.
Schon heute machen die erneuerbaren Energien rund ein Drittel der Stromversorgung aus. Doch je mehr die Stromversorgung aus wetterabhängigen Energiequellen wie Wind und Sonne stammt, umso mehr schwankt die Einspeisung in das Stromnetz. Dieser Herausforderung soll durch den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Strommarkts begegnet werden. Mit ihm soll auch bei hohen Anteilen von erneuerbaren Energien eine sichere, kostengünstige und umweltverträgliche Versorgung mit Strom gewährleistet werden. Dies soll erreicht werden, indem der bestehende Strommarkt und seine Mechanismen gestärkt werden. Durch Übernahme der Ziele und Prinzipien des weiterentwickelten Strommarktes in das Energiewirtschaftsgesetz soll die freie wettbewerbliche Preisbildung gesichert werden. Eintrittsbarrieren für EE-Anlagen sollen abgebaut werden. Die Transparenz am Strommarkt soll erhöht werden. Braunkohlekraftwerke sollen ab 2016 schrittweise vom Markt genommen werden. Die Gesamtkosten werden auf 230 Mio. Euro pro Jahr über 7 Jahre geschätzt.
Mit dem Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Energiewende sollen wiederum die Rahmenbedingungen für „intelligente Netze“ geschafft werden. Aufgrund der Vorgaben einer EU-Richtlinie sollen 80% der Endnutzer mit sogenannten intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Hierzu soll zuerst eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt und eine nationale Rollout-Strategie entworfen werden. Kosten und Nutzen müssen in vernünftigem Verhältnis stehen; so soll der Rollout am individuellen Nutzenpotenzial erfolgen. Mit diesen neuen Geräten sollen Energiekosten eingespart und die Verbrauchersicherheit erhöht werden. Der Erfüllungsaufwand liegt für die Bürger bei Kosten von bis zu 100 Euro pro Jahr für Haushalte in denen die intelligenten Messsysteme installiert werden. Für die Wirtschaft beläuft sich der Kostenaufwand auf etwa 114,3 Mio. Euro pro Jahr.
Zu beiden Gesetzentwürfen empfehlen die Ausschüsse umfangreiche Stellungnahmen. Bei der Entwicklung des Strommarkts geht es u.a. um die künftige Rahmenbedingungen für Speicheranlagen, Vergütungsregelungen für Sicherheitsbereitschaften oder Aspekten des Kohleausstiegs. Die Stellungnahme zur Digitalisierung der Energiewende äußert sich u.a. zu Preisobergrenzen, zur Opt-Out-Regelung oder zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit. Die Stellungnahmen trägt Baden-Württemberg in weiten Teilen mit.
Novelle des Vergaberechts
Zu den Gesetzesbeschlüssen, die den Bundesrat voraussichtlich nur einen Tag nach der Beschlussfassung des Bundestages erreichen, zählt das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Anlass für die Modernisierung des Vergaberechts ist eine EU-Richtlinie, die bis zum 18.4.2016 in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) soll umfangreich geändert werden.
Umstritten ist eine zu erwartende Änderung im Gesetz, wonach beim Schienenpersonennahverkehr (SPNV) der neue Betreiber grundsätzlich die Beschäftigten des bisherigen Betreibers zu gleichen Konditionen übernehmen soll. Der Regierungsentwurf sah ursprünglich eine „Kann-Regelung“ vor. Einschränkend ist vorgesehen, dass nur jene Beschäftigungsverhältnisse, die „unmittelbar für die Erbringung der übergehenden Verkehrsleistung erforderlich sind“, übernommen werden sollen. Kritiker der Soll-Regelung sehen eine neue Hürde auf dem Weg, mehr Wettbewerb auf die Schiene zu bringen. Befürworter wenden dagegen ein, dass angesichts der Liberalisierungstendenzen im ÖPNV ein häufigerer Wechsel der Dienstleistungsunternehmen realistisch sei. Dieser Wechsel solle jedoch nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Die Entscheidung über die Voten wird – auch vor dem Hintergrund, dass der Beschluss noch gar nicht vorliegt – voraussichtlich erst in den politischen Runden am Abend gefällt.
Datenaustauschverbesserungsgesetz
Ebenfalls per Fristverkürzung hat den Bundesrat der Regierungsentwurf zum Datenaustauschverbesserungsgesetz erreicht. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Asyl- und Schutzsuchende sowie Personen, die unerlaubt nach Deutschland einreisen oder sich unerlaubt aufhalten, früher als bisher zu registrieren sowie die in diesem Zusammenhang erfassten Informationen den berechtigten öffentlichen Stellen im Rahmen der erforderlichen Aufgabenerfüllung medienbruchfrei zur Verfügung zu stellen. Zur besseren Identifizierung der Asylsuchenden erhalten diese künftig eine mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltete Bescheinigung. Dieser sog. Ankunftsnachweis ist auch die Voraussetzung für den Bezug von Leistungen.
Der Entwurf liegt dem Bundesrat zur Stellungnahme vor. Änderungswünsche der Ausschüsse beziehen sich u. a. auf Fragen der Datenerfassung und vor allem auch Datenlöschung nach einer entsprechenden Aufbewahrungsfrist sowie welchen Institutionen die erhobenen Daten künftig zur Verfügung stehen sollen.
Aufgrund der Kurzfristigkeit ist die Haltung Baden-Württembergs zu den Einzelheiten der empfohlenen Stellungnahmen noch offen. Grundsätzlich wird die Vorlage aber als wichtiger Schritt in der Bewältigung der Flüchtlingskrise bewertet.
Initiative Baden-Württembergs zum Wertstoffgesetz
Gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Thüringen wird Baden-Württemberg am Freitag eine Entschließung für ein neues Wertstoffgesetz einbringen. Ziel der Initiative ist es es, die Diskussion um das neue Wertstoffgesetz anzukurbeln. Anders als die bisherige Verpackungsverordnung sollen mit diesem Gesetz nicht nur Verpackungen, sondern auch andere recyclefähige Gegenstände in den Verwertungskreislauf eingeschlossen werden. Zentrale Forderung der drei Länder ist die Übertragung der Organisationsverantwortung für die Sammlung von Wertstoffen auf die Kommunen. Sortierung und Verwertung der Wertstoffe sollen dann in bundesweit rund 500 definierten Gebieten über eine neue zentrale Stelle ausgeschrieben und vergeben werden. Außerdem müsse das neue Wertstoffgesetz Regelungen zur finanziellen Beteiligung der Hersteller enthalten. Die Lizenzierung werde ebenfalls über die zu gründende zentrale Stelle vorgenommen. Die Lizenzentgelte müssten dann unter strengeren ökologischen Gesichtspunkten als bisher festgelegt werden. Die Initiative wird im Plenum vorgestellt werden und dann zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund