Luftreinhaltung

Luftreinhaltepläne müssen überarbeitet werden

Autos fahren in der Innenstadt von Stuttgart an einem Hinweisschild mit der Aufschrift „Feinstaubalarm“ vorbei (Bild: © dpa).

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückzuweisen, schafft nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann die notwendige Rechtsklarheit. Klar sei, dass die Luftreinhaltepläne auf der Basis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts umgehend überarbeitet werden müssen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte in einer ersten Stellungnahme nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass der letztinstanzliche Richterspruch Rechtsklarheit geschaffen und zugleich Verhältnismäßigkeit bei der Verhängung von Fahrverboten angemahnt habe.

Kretschmann sagte: „Wir werden nun die erforderliche Fortschreibung des Luftreinhalteplans in Angriff nehmen, um den Anforderungen des Gerichts gerecht zu werden. Zugleich werden wir nun umgehend auf die Bundesregierung zugehen und die Einführung der Blauen Plakette anmahnen. Denn dieses ist, nachdem nun klar ist, dass Fahrverbote rechtlich zulässig sind, unabdingbar, um kommunale Flickenteppiche zu vermeiden und eine effektive Kontrolle zu ermöglichen.“

Kretschmann verlangt bundeseinheitliche Regelung

Dieses Urteil gehe, so Kretschmann, in der Relevanz weit über Stuttgart und Düsseldorf hinaus und beträfe bundesweit eine Vielzahl von Städten und Kommunen. „Nur mit einer bundesweit einheitlichen Regelung ist eine vernünftige Umsetzung des Gerichtsurteils machbar“, so Kretschmann. Alles andere würde zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungs- und Kontrollaufwand führen. „Das gilt es zu vermeiden – da steht der Bund in der Verantwortung“, betonte der Ministerpräsident.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückzuweisen, schafft nach den Worten von Verkehrsminister Winfried Hermann die notwendige Rechtsklarheit. „Wir werden entsprechend dem Urteil verantwortungsvoll im Sinne des Gesundheitsschutzes handeln“, sagte der Minister. Zwar müsse die Urteilsbegründung im Detail noch sorgfältig geprüft werden, klar sei aber, dass die Luftreinhaltepläne auf der Basis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts umgehend überarbeitet werden müssen. Bei Verkehrsbeschränkungen müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

In Folge der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts müssten nun in den Luftreinhalteplan Stuttgart weitere wirksame Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid aufgenommen werden. Dazu können auch Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge mit einem hohen Schadstoffausstoß gehören.

Bundesregierung wird ihrer Verantwortung nicht gerecht

Minister Hermann wies darauf hin, dass in Folge der Gerichtsentscheidung in den Ländern sehr verschiedene Wege zur Luftreinhaltung beschritten werden könnten: „Wenn der Bund nicht handelt, wird es absehbar einen Flickenteppich unterschiedlicher Maßnahmen geben. Das ist die Folge der jahrelangen Versäumnisse der Bundesregierung, die ihrer staatlichen Verantwortung bisher in keiner Weise gerecht wurde. Das Bundesgericht hat deshalb die Bundesregierung auch zum Handeln aufgefordert und das Fehlen einer Blauen Plakette festgestellt.“

Der Minister erklärte: „Es bleibt die Aufgabe des Bundes, mit dem Bundesimmissionsschutzrecht eine praktikable Lösung für ganz Deutschland zu schaffen. Wir fordern nach wie vor eine Blaue Plakette, die eine konsequente Fortentwicklung der erfolgreichen grünen Plakette darstellt.“ Im Übrigen sei eine grundlegende Verkehrswende in den hochbelasteten Ballungsräumen notwendig. Der Verkehr müsse auf umwelt- und klimafreundliche Verkehrsmittel verlagert werden. Das heißt die Autos müssen sauberer werden und alle sind aufgerufen, verstärkt auf Busse und Bahnen umzusteigen.

Außerdem gebe es in Stuttgart in Folge der Debatte über Luftreinhaltung bereits einen sehr hohen Anteil an modernen Dieselfahrzeugen, die die Abgasnorm Euro 6 einhalten.

Wirtschaftsministerin plädiert für klare Ausnahmeregelungen

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sagte anlässlich des Urteils: „Auch wenn die ausformulierte Begründung des heutigen Urteils noch nicht vorliegt, so hat das Bundesverwaltungsgericht doch in aller Deutlichkeit auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit hingewiesen. Diese Klarstellung begrüße ich ausdrücklich. Denn im Sinne des Wirtschaftsstandorts benötigen wir pragmatische Ausnahmeregelungen.

Unternehmen müssen auch weiterhin mit Waren versorgt werden, Handwerker ihrer Arbeit nachgehen und soziale Dienste ihre Patienten versorgen können. Mein Haus wird sich auch im weiteren Verfahren dafür einsetzen, dass den berechtigten Belangen der Wirtschaft Rechnung getragen wird. Insbesondere mit Blick auf die Planung der Flottenerneuerung einzelner Branchen müssen wir uns die Laufzeit von Übergangsregelungen ganz genau anschauen. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass sich das Gericht ganz klar für eine nur phasenweise Einführung von Verkehrsverboten ausspricht.“

Breite Ausnahmeregelungen für Handwerk und Gewerbe

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil (Az.: 7 C 30.17) die Einführung von Verkehrsbeschränkungen unter gewissen Voraussetzungen für zulässig erachtet. Verkehrsminister Winfried Hermann weist dabei unbegründete Befürchtungen zurück. „Auch für den Fall von Verkehrsbeschränkungen wird es Ausnahmen geben, die relevante wirtschaftliche und soziale Belange berücksichtigen. Das Ausnahmekonzept für Stuttgart liegt seit April 2017 vor. Darin sind Ausnahmen vom Handwerker bis zum Pizzabäcker und vom Taxigewerbe bis zum Busverkehr vorgesehen. Ausnahmen sind ohnehin gesetzlich vorgesehen und auch im Rahmen der Umweltzonen bereits jahrelange Verwaltungspraxis“, erklärte der Minister.

Er betonte, dass Verkehrsbeschränkungen nur ein Teil einer umfassenden Strategie zur Luftreinhaltestrategie sein können: „Wir fördern Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr, wir bringen die Nachrüstung von Fahrzeugen voran, wir fördern saubere Fahrzeuge mit Elektroantrieb – nur all das zusammen macht aus Einzeldiskussionen ein tragfähiges Konzept.“ Notwendig sei zudem, dass die Automobilindustrie endlich ihrer Verantwortung gerecht werde und für eine zügige Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge mit einer wirksamen Abgasreinigung sorge.

Im Falle von Verkehrsbeschränkungen in Stuttgart sind für folgende Gruppen bis zum 31. Dezember 2021 Ausnamhen zugelassen:

  • Kraftfahrzeuge im Lieferverkehr
  • Kraftfahrzeuge im Linienverkehr
  • Einsatz-, Hilfs- und Versorgungsfahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs
  • Quell- und Zielfahrten von Reisebussen
  • Taxen und Fahrzeuge im Mietwagenverkehr mit Genehmigung nach § 49 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
  • Carsharing-Fahrzeuge
  • Fahrten mit Wohnmobilen zu Urlaubszwecken

Generelle Ausnahmen nach Anhang 3 der 35. Bundesimissionschutzverordnung (BImSchV):

  • Mobile Maschinen und Geräte
  • Arbeitsmaschinen
  • Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen
  • Zwei- und dreirädrige Kraftfahrzeuge
  • Krankenwagen, Arztwagen mit entsprechender Kennzeichnung „Arzt Notfalleinsatz“
  • Fahrten von Menschen mit Behinderung (Personen, die außergewöhnlich gehbehindert, hilflos oder blind sind und dies durch die im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen "aG", "H" oder "Bl" nachweisen)
  • Fahrzeuge mit Sonderrechten nach § 35 StVO (unter anderem Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei, Zolldienst, Ret-tungsdienst, Bau und Unterhaltung von Straßen, Müllabfuhr)
  • Fahrzeuge nichtdeutscher Truppen von Nichtvertragsstaaten des Nicht-vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit
  • Zivile Kraftfahrzuege zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben der Bundeswehr
  • Oldtimer mit entsprechendem Kennzeichen nach Fahrzeug-Zulassungsverordnung

Die gesamte geplante Ausnahmekonzeption können Sie dem Entwurf des Luftreinhalteplans vom Mai 2017 (ab Seite 73) entnehmen.

Quelle:

Staatsministerium, Ministerium für Verkehr, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau

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