Der Schutz des Waldes ist eine Jahrhundertaufgabe. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Forstminister Peter Hauk haben die Eckpunkte der Waldstrategie 2050 für Baden-Württemberg vorgestellt. Die Landesregierung setzt dabei auf eine breite Beteiligung zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen.
„Fast 40 Prozent der Fläche von Baden-Württemberg sind bewaldet – damit verfügen wir über eine riesige Schatzkammer der Natur. Und gerade jetzt, während der Corona-Pandemie, haben viele Menschen die Faszination für den Wald als Kraft-Ort wiederentdeckt. Dieses hochkomplexe Ökosystem zieht uns geradezu in seinen Bann. Aber leider schauen wir nicht nur fasziniert, sondern auch mit Sorge auf den Wald: die Kronen sind vielerorts kahl, die Böden knochentrocken – der Klimawandel hinterlässt teils verheerende Spuren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann beim Forum Waldzukunft BW.
Schutz des Waldes ist Jahrhundertaufgabe
Die Frage, wie der Wald erhalten und eine nachhaltige Bewirtschaftung aussehen könne, sei von entscheidender Bedeutung. „Der Schutz unserer Wälder ist eine Jahrhundertaufgabe. Und schon heute unternimmt die Landesregierung große Anstrengungen, um sie gemeinsam mit allen Beteiligten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Praxis zu bewältigen. Darum freue ich mich besonders, heute mit hochkarätigen Expertinnen und Experten über die Zukunft des Waldes sprechen zu können“, so Kretschmann weiter.
„Unsere Waldbesitzer und Forstleute arbeiten auch vor dem Hintergrund des weiter fortschreitenden Klimawandels an den Wäldern der Zukunft. Mit unserer Waldstrategie 2050 für Baden-Württemberg stellen wir schon heute die Weichen für klimastabile Wälder der Zukunft, die auf lange Sicht den vielfältigen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht werden. Dabei gehen bei unseren Überlegungen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte Hand in Hand“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, bei der Vorstellung der Eckpunkte der Waldstrategie Baden-Württemberg (PDF) im Rahmen des Forum Waldzukunft. Die Landesregierung setze dabei auf eine breite Beteiligung zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen. Ergänzend zum bereits 2019 auf den Weg gebrachten ‚Notfallplan‘, der die Waldbesitzer kurzfristig bei der Bewältigung der aktuellen Schäden unterstützt, zielt die Waldstrategie auf die nähere und fernere Zukunft ab.
Breit angelegter, mehrstufiger Beteiligungsprozess
In einem breit angelegten, mehrstufigen Beteiligungsprozess seien Akteure rund um den Wald in Baden-Württemberg zur aktuellen Situation des Waldes und den wichtigsten Handlungsfeldern zur Sicherung der Waldzukunft befragt worden. Die daraus abgeleiteten Zielformulierungen seien im Oktober 2020 in sechs regionalen Waldgesprächen, einem Verbändegespräch und einem Ressortgespräch diskutiert worden. „Unsere Waldstrategie 2050 formuliert den waldpolitischen Rahmen und die Leitlinien für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Durch den breiten Abstimmungsprozess ist sichergestellt, dass die wichtigen Themen und die erforderlichen Handlungsfelder abgedeckt sind. In diesem Rahmen wird das Land gemeinsam mit den Akteuren rund um den Wald die konkreten Maßnahmen entwickeln, um die Ziele der Waldstrategie zu erreichen“, erklärte Minister Hauk.
Insgesamt wurden 21 Ziele entworfen, die Minister Hauk am Donnerstag in Freiburg vorstellte. Die Ziele stünden gleichwertig nebeneinander und umfassten den Wald und seine Themen in ihrer ganzen Breite. Sie reichten von der Stärkung von Kommunikation und Vernetzung, den Erhalt des Waldes und aller Waldfunktionen durch aktives Waldmanagement, die Sicherung des Beitrags von Waldmanagement und Waldprodukten zu Kohlenstoffspeicherung und Treibhausgasvermeidung, den Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Waldnutzungsansprüchen insbesondere hinsichtlich der Erholungsnutzung bis hin zu Schutz und Entwicklung von Waldbiodiversität und dem verstärkten Einsatz digitaler Technik.
Vielfältige Maßnahmen
Die Ziele seien bewusst als Zustandsziele formuliert, um zu zeigen, wie eine Waldzukunft in Baden-Württemberg aussehen könnte. „Die vielfältigen Maßnahmen, die zur Zielerreichung erforderlich sind, können nun gemeinsam mit den Akteuren rund um den Wald erarbeitet werden. Erste dringende Handlungsfelder sind im aktuellen Arbeitsstand bereits enthalten“, so Minister Hauk.
Erste operative Maßnahmen auf dem Weg zur Waldzukunft in Baden-Württemberg seien in den Bereichen ‚Unterstützung der Waldbesitzer‘ als Garanten der vielfältigen Ökosystemleistungen, ‚Digitalisierung in Kommunikation und Betriebssteuerung‘ sowie bei der Anpassung der Waldmanagement-Instrumente, unter anderem der landesweiten Waldentwicklungstypen, an sich schnell wandelnde Rahmenbedingungen im Klimawandel zu sehen. „Die Waldstrategie ist kein einmaliges, kurzlebiges Produkt. Sie ist vielmehr ein Prozess, der kontinuierlich laufen muss, um so im Gespräch zu bleiben und die Maßnahmen weiter zu entwickeln“, betonte der Minister.
Livestream zum Forum Waldzukunft Baden-Württemberg
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Waldstrategie Baden-Württemberg
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Wald
Landesforstverwaltung Baden-Württemberg
Übersicht der Ziele der Waldstrategie Baden-Württemberg 2050
(Stand 5. November 2020)
Querschnittsthemen
1. Der Dialog, die Kommunikation und die Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren rund um den Wald sind gestärkt.
2. Wald und Waldwirtschaft und ihre Produkte und Wirtschaftsweise sind klimaschützend und klimaschonend ausgestaltet.
3. Die breite Gesellschaft anerkennt den Beitrag des Waldes und des Waldmanagements zum Gemeinwohl und unterstützt die Belange des Waldes.
4. Die Akteurinnen und Akteure rund um den Wald begegnen den Herausforderungen und Unsicherheiten in seinem Umfeld mit adaptiven Konzepten auf unterschiedlichen Ebenen.
Klimawandel
5. Das aktive Waldmanagement sichert alle Waldfunktionen unter den Herausforderungen des Klimawandels.
6. Wald, Waldmanagement und Waldprodukte leisten einen messbaren und wirksamen Beitrag zu Kohlenstoffspeicherung und Kohlenstoffdioxid-Minderung.
Wald und Mensch
7. Die Anforderungen für ein positives Walderleben aller Akteurinnen und Akteure sind bekannt und Instrumente für den Interessenausgleich rund um den Wald werden ausgebaut.
8. Attraktive und zukunftsfähige Arbeitsplätze im Wald von Baden-Württemberg und seinem Umfeld sind gesichert.
Gesellschaftliche Megatrends
9. Die Wirkung von Megatrends auf den Wald und seine Akteure sind systematisch beobachtet, erforscht und in Waldmanagementkonzepte integriert.
10. Der Wissenstransfer und eine zukunftsweisende Produkt- und Leistungsentwicklung mit Akteuren rund um den Wald und darüber hinaus sind etabliert.
Ressourcen
11. Der Wald in Baden-Württemberg gewährleistet einen dauerhaften Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere Wasser-, Luft- und Bodenschutz.
12. Systeme zur lokalen Lösung von Zielkonflikten rund um den Wald sind etabliert.
13. Die nachhaltige und naturnahe Holzbereitstellung ist gesellschaftlich akzeptiert und positiv belegt.
Waldeigentum
14. Die Bereitstellung von Leistungen des Ökosystems Wald für die Gesellschaft wird honoriert.
15. Die Vielfalt der Waldeigentumsarten ist in der Gesellschaft bekannt und die Individualität ihrer Zielsetzungen ist akzeptiert.
16. Waldbesitzende werden aktiv dabei unterstützt, ihre individuellen Zielsetzungen in ihrem Wald zu realisieren und effiziente Kooperationsstrukturen aufzubauen.
Biodiversität
17. Eine waldtypische biologische Vielfalt, insbesondere an Arten und Lebensräumen wird im Waldmanagement berücksichtigt, weiter dynamisch entwickelt und ihre Vernetzung ist gestärkt.
18. Monitoringsysteme für Indikatoren der biologischen Vielfalt im Wald sind etabliert und weiter optimiert.
19. Das Wildtiermanagement ist integraler Bestandteil des multifunktionalen Waldmanagements.
Digitalisierung
20. Bildungs- und Wissenszugänge, Bürgerservice und die Transparenz von Verwaltungshandeln rund um den Wald in Baden-Württemberg sind barrierefrei eingerichtet.
21.Waldmanagement und Betriebsgeschehen sind durch digitale Technik effizient gestaltet.