Das Auto der Zukunft soll auch aus Baden-Württemberg kommen. Im Strategiedialog Automobilwirtschaft arbeiten seit fünf Jahren die wichtigsten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft an diesem Ziel. Die Jahresveranstaltung zog eine Zwischenbilanz.
„Die Automobilbranche befindet sich im größten Wandel seit ihrem Bestehen. Das Auto wird immer mehr zum Smartphone auf Rädern und muss schon bald klimaneutral fahren. Gleichzeitig hängen an dieser Transformation hunderttausende Arbeitsplätze in Baden-Württemberg. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft müssen gemeinsam alles tun, damit dieser Wandel gelingt. Dazu muss Deutschland vom Weltmeister im Zielesetzen zum Weltmeister im Umsetzen werden“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann in den Stuttgarter Wagenhallen anlässlich der fünften Jahresveranstaltung Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA BW). Im Rahmen des diesjährigen Top-Level-Meetings, das jährlich auf Einladung des Ministerpräsidenten tagt, wurde auch der SDA BW-Fortschrittsbericht (PDF) vorgestellt.
Auf Einladung von Ministerpräsident Kretschmann nahmen die Vorstandsvorsitzenden großer Automobilhersteller und Zulieferunternehmen sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Verbänden an der Jahrestagung teil. Die Landesregierung war durch Innenminister Thomas Strobl, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Umweltministerin Thekla Walker, Verkehrsminister Winfried Hermann und Forschungsministerin Theresia Bauer vertreten. Seitens des Bundes nahm der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Thomas Bareiß teil.
Vom Top-Verbrenner-Standort zum Top-Standort für das Auto der Zukunft
„Das Auto wird zu einem Rechenzentrum im cloudbasierten Internet der Dinge mit Kundenschnittstelle. Damit dieses Rechenzentrum von unseren Betrieben hierzulande gebaut wird, sind wir im Rahmen des SDA BW schon erste Schritte gegangen, so etwa mit MobiData, unserer preisgekrönten Plattform zur Vernetzung von Individualverkehr und öffentlichem Verkehr“, sagte Kretschmann.
Auch der Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Wandel und damit der Erhalt der Arbeitsplätze in der Automobilwirtschaft spiele für die Arbeit des Strategiedialogs Automobilwirtschaft eine große Rolle, so Kretschmann. „Wenn Arbeitsplätze verloren gehen, dann müssen an anderer Stelle welche entstehen – zum Beispiel in der Energieherstellung, in der Energieinfrastruktur oder der Batteriezellenproduktion. Dafür konnten wir beispielsweise schon ein Großprojekt der Europäischen Union (EU) im Bereich Batterie an Land ziehen. Mit fünf Unternehmen, so vielen wie in keinem anderen Bundesland, sind wir Teil der europäischen Batterie-Allianz. Meine Landesregierung hat alleine für dieses Projekt 155 Millionen Euro eingeplant – denn wir müssen vom Top-Verbrenner-Standort zum Top-Standort für das Auto und die Mobilität der Zukunft werden.“
Absichtserklärung für Tank- und Ladeinfrastrukturprojekt für E-Lkw unterzeichnet
Und auch auf dem Weg zur Klimaneutralität habe man in Baden-Württemberg einiges auf den Weg gebracht, so Kretschmann. „Unsere Projekte SAFE BW, INPUT oder Charge@BW haben Früchte getragen: Heute können wir hierzulande im bundesweiten Vergleich eines der dichtesten Netze an Ladepunkten vorweisen. In einem Zehn-Kilometer-Raster erstreckt sich über das ganze Land eine zuverlässige Ladeinfrastruktur. Und was wir auf Landesebene für den Grünstrom tun können, das tun wir: So hat die Landesregierung gerade das Klimaschutzgesetz novelliert.“
Im Rahmen der heutigen Jahresveranstaltung unterzeichneten Ministerpräsident Kretschmann sowie Vertreterinnen und Vertreter der Daimler Truck AG, der Iveco Group, der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, der Netze BW GmbH, der H2 MOBILITY Deutschland GmbH & Co. KG sowie der Forschungsinstitute Fraunhofer ISI, Fraunhofer IAO und Fraunhofer ISE eine Absichtserklärung für ein „Pilot-Lade- und Wasserstoff-Tankinfrastrukturprojekt für Langstrecken-Lkw“ (PDF). Schließlich verursachen Nutzfahrzeuge im Verkehrssektor etwa ein Drittel der Gesamtemissionen. In einem ersten Schritt möchte die Initiative Demonstratoren für Lade- und Tankinfrastruktur an öffentlichen Straßen errichten. Parallel werden im zweiten Schritt die Planungen für eine landesweite Lade- und Tankinfrastruktur aufgenommen.
Neue Struktur und Arbeitsweise des Strategiedialogs
Im Rahmen der heutigen Veranstaltung stellten die Partnerinnen und Partner des SDA BW auch eine strategische Neuausrichtung (PDF) vor. Entlang der Schwerpunkte „Fahrzeug“, „Daten“ und „Energie“ soll der SDA BW fortan in ein noch agileres und ressortübergreifenderes Format überführt werden. „So soll es uns gelingen, dass auch in der Mobilitätswelt von morgen die Standortentscheidungen zugunsten Baden-Württembergs ausfallen. Wir haben gut ausgebildete Fachkräfte, eine hochattraktive Wissenschaftslandschaft und sind hochinnovativ. Doch wir dürfen uns nicht für unsere Großtaten der Vergangenheit rühmen, sondern müssen neu denken und einen echten Aufbruch wagen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Weitere Stimmen zur Jahresveranstaltung
„Die Automobilindustrie steht vor gewaltigen Aufgaben: Schwierigkeiten in der Lieferkette, die fortschreitende Transformation sowie die Diskussion um neue Kohlenstoffdioxid (CO2)-Grenzwerte fordern und verunsichern die Branche. Es gilt, insbesondere unseren Mittelstand dabei zu unterstützen, damit diese Herausforderungen unsere Betriebe nicht überfordern und sie am Wertschöpfungsprozess von morgen teilhaben. Die Schlüsselfaktoren dabei sind qualifizierte Fachkräfte, ein innovationsfreundliches Umfeld und leistungsfähige Infrastrukturen. Darauf richten wir unsere vielfältigen Angebote aus, um Wertschöpfung und Beschäftigung im Land zu sichern. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg einen wichtigen Beitrag leisten und notwendige Impulse setzen.“
„Bei Daimler sind wir in den Bereichen Digitalisierung und E-Mobilität massiv vorangeschritten. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts wollen wir 100 Prozent elektrisch werden – wo immer die Marktbedingungen es zulassen. Wir als Automobilhersteller haben die Weichen für den Wandel gestellt. Wir brauchen aber auch weiterhin von bundes- und landespolitischer Seite die richtigen Leitplanken. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur bleibt das entscheidende Erfolgskriterium für die Elektrifizierung des Verkehrs, ebenso der Ausbau eines intelligenten und leistungsfähigen Stromnetzes. Ich bin mir sicher: Wenn wir weiter gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir auch die CO2-Neutralität realisieren. Der Strategiedialog leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.“
„Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg verzeichnet sichtbare Erfolge. Die Projekte ‚Transformationswissen BW‘ und die ‚Zukunftswerkstatt 4.0‘ sind dafür gute Beispiele. Wir sind gemeinsam auf dem Weg, die Zukunft nachhaltig, digital und vernetzt zu gestalten. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen hierfür weiter an einem Strang ziehen – denn gemeinsam sind wir erfolgreicher. Baden-Württemberg muss ein führender Automobilstandort bleiben: international wettbewerbsfähig, nachhaltig, mit sicheren Arbeitsplätzen. Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland und Europa brauchen wir zusätzliches Tempo. Gleiches gilt für die weltweite industrielle Produktion nachhaltiger synthetischer Kraftstoffe. Mit diesen eFuels lassen sich Verbrennungsmotoren nahezu CO2-neutral betreiben. Gemeinsam mit Siemens Energy und weiteren Partnern ist Porsche hier in der Spur.“
„Der Ausbau der öffentlichen Schnellladeinfrastruktur ist in Baden-Württemberg ebenso wie in Gesamtdeutschland ein hoch dynamischer Prozess. Die EnBW ist Marktführer und macht hohes Tempo: jeden Tag ein neuer Standort, 2.500 bis 2025 ist unser Ziel. Doch dafür braucht es jetzt vor allem eines: sachgerechte Rahmenbedingungen mit angemessener Regulatorik, schnelleren Verfahren und einer synchronen EU- und Bundespolitik. Ziel muss es sein, eine flächendeckende und einheitliche Schnellladeinfrastruktur nicht nur in Deutschland, sondern europaweit zu etablieren. E-Mobilität darf nicht an Landesgrenzen enden. Und sich nicht nur auf den Privatpersonenverkehr beschränken. Deshalb freuen wir uns sehr, unser Know-how im Schnellladen nun auch in einer Kooperation – unter anderem mit Daimler, Iveco und verschiedenen Fraunhofer Instituten – für die Elektrifizierung des Lastkraftwagen (LKW)-Verkehrs einzubringen. In einem Pilotprojekt werden wir einen Demonstrator für Lade- und Tankinfrastruktur für Langstrecken-LKW an einer Fernstraße in Baden-Württemberg errichten.“
„Wir erleben eine Zeit enormer Volatilität und der beschleunigten Veränderung einer ganzen Industrie. Der Strategiedialog ist eine bedeutende und von ZF sehr geschätzte Initiative der Landesregierung, die alle Interessengruppen ein- und miteinander verbindet. So werden neue Kräfte für die Gestaltung des Wandels freigesetzt und die Zukunftsaufgaben gemeinsam auf Augenhöhe bearbeitet. Denn dieser Weg wird nur dann Akzeptanz finden, wenn er im Dreiklang von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geschieht.“
„Der Wandel rund ums Auto gewinnt aktuell deutlich an Fahrt. Umso dringlicher müssen wir uns um gute und sichere Arbeitsplätze, mehr Qualifizierungsangebote sowie tragfähige Zukunftskonzepte für die Standorte der Hersteller und Zulieferer kümmern. Damit in Baden-Württemberg beides gelingt: Vorfahrt für Klimaschutz und die Erneuerung unseres Industriestandorts. Mit unserem neuen Instrument der Zukunftstarifverträge leisten wir in den Betrieben einen wichtigen Beitrag, um Innovationsfähigkeit und sichere Arbeitsplätze miteinander zu verbinden. Die Unternehmen sind ausdrücklich dazu eingeladen, die Zukunft der Standorte gemeinsam mit der IG Metall zu gestalten. Für die erfolgreiche Transformation in den von der Automobil- und Zuliefererindustrie geprägten Regionen brauchen wir demokratische Leitplanken, sichere Brücken in die Arbeitswelt von Morgen und eine flankierende Struktur- und Industriepolitik.“
Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg
Der Strategiedialog Automobilwirtschaft BW startete 2017. Innerhalb dieses Arbeitsformats arbeiten Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft daran, die Transformation eines der wichtigsten Industriezweige im Land erfolgreich zu gestalten. Jährlich treffen sich die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung, der Unternehmensleitungen, der Wissenschaft, der Arbeitnehmervertretungen und der Zivilgesellschaft, um die bisherigen Fortschritte und das weitere Vorgehen zu besprechen. Nach einer einjährigen Start- und Projektierungsphase ging der SDA 2018 in die Projektphase I (bis 2020) und 2020 in die Projektphase II über.
Strategiedialog Automobilwirtschaft
Neue Struktur und Arbeitsweise SDA BW (PDF)
Vierter Fortschrittsbericht Strategiedialog Automobilwirtschaft BW (PDF)
Absichtserklärung Pilot-Lade- und H2-Tankinfrastrukturprojekt für Langstrecken-Lkw (PDF)
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