Forschung

Baden-Württemberg startet Offensive in der Quantentechnologie

Berechne Lesezeit
  • Teilen
von links nach rechts: QuantumBW-Sprecher Dr. Volkmar Denner, Wissenschaftsministerin Petra Olschowski, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und QuantumBW-Sprecher Professor Joachim Ankerhold
v.l.n.r.: QuantumBW-Sprecher Dr. Volkmar Denner, Wissenschaftsministerin Petra Olschowski, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und QuantumBW-Sprecher Professor Joachim Ankerhold

Gemeinsam mit den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft hat die Landesregierung das Startsignal für QuantumBW, die gemeinsame Innovationsinitiative für Quantentechnologien des Landes, gegeben und die Quantenstrategie Baden-Württemberg vorgestellt.

Hochleistungsfähige Quantencomputer, ultrasensible Sensoren oder besonders präzise MRT-Geräte: Die Quantentechnologie bietet in den zentralen gesellschaftlichen Bereichen Gesundheit, Mobilität und Klimaschutz enorme Chancen und entscheidet maßgeblich mit über Innovationsfähigkeit und Wertschöpfung. Mit Unterstützung des Landes haben sich Global Player aus der Wirtschaft mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen zu QuantumBW. Gemeinsam mit den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Wissenschaftsministerin Petra Olschowski und Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut am Freitag, 21. April 2023, im Zentrum für Angewandte Quantentechnologie (ZAQuant) der Universität Stuttgart das Startsignal für die Innovationsoffensive gegeben und die Quantenstrategie des Landes (PDF) vorgestellt.

Quantentechnologien sind eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sie haben das Potenzial, unsere Welt auf eine Weise zu transformieren, wie wir es uns bisher nicht vorstellen konnten.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann

„Quantentechnologien sind eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sie haben das Potenzial, unsere Welt auf eine Weise zu transformieren, wie wir es uns bisher nicht vorstellen konnten. Ein Quantencomputer etwa rechnet millionenfach schneller als ein herkömmlicher PC. Er rechnet parallel und nicht nacheinander. Der Quantenrechner schlägt jeden Superrechner. Und Quantensensoren können enorme Fortschritte etwa in der Medizintechnik bringen, zum Beispiel für eine schnellere und bessere Krebsdiagnostik. Und wir sind erst am Anfang der Entwicklung: Mit Quantentechnologien können wir in Zukunft hochpräzise und mit unglaublicher Genauigkeit messen, analysieren und berechnen. Baden-Württemberg hat in Wissenschaft und Industrie herausragende Quanten-Expertise. Mit QuantumBW stellen wir jetzt die entscheidende Weiche, damit Baden-Württemberg diese Spitzenposition ausbaut“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der nun vollzogene Schulterschluss aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik lasse erste konkrete Produkte, marktreife Anwendungen und regionale Wertschöpfung in drei bis fünf Jahren erwarten.

QuantumBW baut auf starkem Netzwerk auf

„QuantumBW basiert auf einem erfolgreichen Netzwerk, in dem starke Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft bereits vielfältig und erfolgreich kooperieren und so einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen – beispielsweise durch Innovationen in der medizinischen Diagnostik und Bildgebung. Mit QuantumBW investiert die Landesregierung langfristig in eine Struktur und übergreifende Dachmarke, die dieses Netzwerk weiter stärkt und international noch sichtbarer macht. Damit steigern wir auch die Anziehungskraft für hochqualifizierte Forschende und Fachkräfte. Wir setzen an, wo Baden-Württemberg bereits besonders stark ist: Insbesondere in der Quantensensorik ist die Dichte exzellenter Forschungseinrichtungen und führender Unternehmen hoch“, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. Diese Fokussierung, kombiniert mit der starken Einbindung der Industriepartner, unterscheide QuantumBW von anderen Netzwerken in Deutschland.

Land soll Führungsrolle einnehmen

„Baden-Württemberg muss als führende Innovations- und Industrieregion in Deutschland und Europa im weltweiten Wettbewerb bei den Quantentechnologien eine bedeutende Rolle einnehmen. Es ist wichtig, dass wir bei der Wert-schöpfung mit neuartigen Quantensensoren oder den Anwendungen des Quantencomputings möglichst weit vorne mitspielen. Und das schaffen wir nur, wenn wir alle Akteure vereinen und an einem Strang ziehen“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. „Mit QuantumBW bringen wir die Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Baden-Württemberg zusammen, um aus Quanteninnovationen neue industrielle Standbeine im Land entstehen zu lassen“, so Hoffmeister-Kraut.

Das Gesicht von QuantumBW sind die beiden Sprecher für den Bereich Wissenschaft und Wirtschaft: Professor Joachim Ankerhold, Leiter des Instituts für Komplexe Quantensysteme an der Universität Ulm, und Dr. Volkmar Denner, Wissenschaftlicher Berater der Bosch-Gruppe im Forschungsgebiet Quantentechnologie.

„Basierend auf einer schon heute international einzigartigen Forschungslandschaft in den Quantenwissenschaften wollen wir mit QuantumBW den endgültigen Sprung in die Technologie der Zukunft antreten, zunächst für die Quantensensorik, dann aber auch für das Quantencomputing. Die Aussicht, beispielsweise mit Hilfe quantenmechanischer Eigenschaften von Defekten in Diamanten winzigste Magnetfelder mit bislang unerreichter räumlicher Auflösung erkennen zu können, eröffnet der medizinischen Diagnostik ungeahnte Perspektiven. Auch wenn das Quantencomputing noch deutlich mehr grundlegende Entwicklungsarbeit braucht, besitzt es das Potenzial, zum Beispiel die Materialforschung oder Logistik zu revolutionieren“, sagte QuantumBW-Sprecher Professor Joachim Ankerhold.

QuantumBW-Sprecher Dr. Volkmar Denner ergänzte: „Quantentechnologien besitzen großes disruptives Potential, erfordern aber hohe Vorleistungen und langes Durchhaltevermögen. So wird es mit Quantensensoren möglich sein, um ein vielfaches kleinere Signale zu messen als mit herkömmlichen Sensoren. Damit können ganz neue Anwendungen entstehen, etwa in der Medizintechnik. Eine langfristige Vision ist, Geräte mit unseren Gedanken steuern zu können.“

Die baden-württembergische Quantenstrategie fasst die strategischen Zielsetzungen und Handlungsfelder von QuantumBW zusammen und legt für diese einen verbindlichen Fahrplan für die nächsten zehn Jahre vor. Die vier Handlungsfelder sind: Vernetzung & Sichtbarkeit, Kooperationsprojekte, Infrastruktur, Ausgründungen & Aus- und Weiterbildung.

Anschubfinanzierung schließt an bisherige Förderung an

Für den Aufbau von QuantumBW im Sinne einer Dachstruktur und zur Bündelung der in Baden-Württemberg dezentral verteilten Akteure und quantentechnologischen Kompetenzen stellt das Land zunächst insgesamt 31,1 Millionen Euro für den Zeitraum 2023 bis 2027 bereit. Damit können kurz- bis mittelfristig wichtige Struktur- und Vernetzungsmaßnahmen der Quantencommunity in Baden-Württemberg angeschoben werden. Seit 2019 hat das Land verschiedene quantenwissenschaftliche Projekte mit rund 115 Millionen Euro gefördert. Komplementär zur Förderung durch das Land wurden in den vergangenen zehn Jahren über 480 Millionen Euro an Drittmitteln des Bundes und der EU an Standorten der universitären und außeruniversitären quantenwissenschaftlichen Forschung in Baden-Württemberg eingeworben.

Als zentraler Anlaufpunkt dient künftig die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gemeinsam geförderte QuantumBW-Geschäftsstelle, die Akteure und Standorte der baden-württembergischen Quantencommunity strategisch vernetzt und koordiniert.

„Mit der Finanzierung für den Aufbau der Dachstruktur QuantumBW legt das Land trotz der schwierigen Haushaltslage die Basis für die Bündelung und Vernetzung der in Baden-Württemberg dezentral verteilten Akteure und quantentechnologischen Kompetenzen – für eine der spannendsten und vielversprechendsten Entwicklungen der modernen Physik. Dabei sind wir uns bewusst, dass bei der Unterstützung und Entwicklung der Quantentechnologien ein langer Atem nötig ist. Daher werden wir QuantumBW auch in Zukunft aktiv vorantreiben und fördern“, so Ministerpräsident Kretschmann.

Netzwerk QuantumBW

Zu den ersten Partnern des wachsenden Netzwerks QuantumBW gehören folgende Unternehmen, Start-ups, Landesuniversitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen:

  • Balluff GmbH
  • Robert Bosch GmbH
  • HQS Quantum Simulations GmbH
  • IBM Deutschland GmbH
  • Mercedes-Benz-Group AG
  • NVision Imaging Technologies GmbH
  • Q.ANT GmbH
  • Quantum Brilliance GmbH
  • TRUMPF SE + Co. KG
  • Carl Zeiss AG
  • Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
  • Eberhard Karls Universität Tübingen
  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
  • Universität Heidelberg
  • Universität Konstanz
  • Universität Stuttgart
  • Universität Ulm
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
  • Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.
  • Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.

Ab sofort bündelt QuantumBW alle Forschungsaktivitäten und Initiativen im Land unter einem Dach und stärkt damit die bestehenden Aktivitäten. Als Dachmarke erreicht QuantumBW international noch mehr Sichtbarkeit für die Quantentechnologie made in THE LÄND. Eine Geschäftsstelle bietet einen zentralen Anlaufpunkt, der Informationen, Akteure und Standorte des Quantenökosystems in Baden-Württemberg strategisch vernetzt und koordiniert.

Mehrwert von Quantentechnologien

Die Quantenwissenschaft wird zentrale gesellschaftliche Bereiche nachhaltig verändern. Vielversprechende Zukunftstechnologien wie ultrasensible Sensoren, präzise MRT-Geräte oder hochleistungsfähige Quantencomputer basieren alle auf der gezielten Manipulation von Quantenzuständen. Schon heute begegnet uns die Quantentechnologie bei der GPS-Navigation im Straßenverkehr, das Internet würde es ohne Quantenphysik nicht geben. Zahlreiche weitere quantenbasierte Produkte werden in den kommenden Jahren den Sprung vom Labor in die Anwendung schaffen.

Die Quantensensorik nutzt die hohe Empfindlichkeit von Quantensystemen gegenüber kleinsten Einflüssen wie elektrischen oder magnetischen Störungen. Dies erlaubt die Entwicklung von Sensoren mit ungeahnter Messgenauigkeit. Die Sensibilität von Magnetfeldsensoren ist schon heute so hoch, dass sogar Körperfunktionen oder Gehirnströme über deren externe Magnetfelder gemessen werden können.

In der Quantensensorik sowie in den verwandten Bereichen der quantenbasierten Bildgebung und der Metrologie sind Verbesserungen in mehreren Leistungsdimensionen zu erwarten. Diese umfassen eine genauere Auflösung, verbesserte Diagnostikmöglichkeiten, Abbildungsverfahren basierend auf lichtärmeren Quellen und insgesamt kompaktere Produkte. Konkrete Anwendungsfelder reichen von der medizinischen Diagnostik über die Bodenerkundung bis zu hochpräzisen Uhren beispielsweise für Navigations- oder Computersysteme.

Das Quantencomputing verfügt im Bereich der Quantentechnologien über das höchste Marktpotenzial, ist aber noch weit von einer kommerziellen Anwendung entfernt. Im Vergleich zu klassischen Computern, die immer nur eine Berechnung nach der anderen durchführen können, ermöglichen Quantensysteme durch ihre besonderen Eigenschaften die Verarbeitung mehrerer paralleler Rechenoperationen. Das heißt: Potenziell können Quantencomputer bestimmte Rechenaufgaben, für die es passende Quantenalgorithmen gibt, in extrem kurzer Zeit lösen. Tatsächlich haben die ersten Quantencomputer bereits in Ansätzen bewiesen, dass sie bestimmte Aufgaben in wenigen Minuten bewältigen können, für die ein klassischer Computer mit sehr großer Rechenleistung tausende von Jahren gebraucht hätte. Von Quantencomputern werden daher große Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz oder bei der Lösung komplexer Optimierungsprobleme erwartet.

Strategiepapier QuantumBW (PDF)

QuantumBW

Mediathek: Bilder zum Herunterladen

Weitere Meldungen

Wirtschaft

Unternehmensnachfolge gemeinsam anpacken

Eine Kläranlage (Symbolbild: Patrick Seeger/dpa)
Abwasser

Phosphor-Ressourcen vor Ort nutzen

Eine muslimische Einwanderin sitzt mit anderen Personen am Tisch und schaut sich während des Englischunterrichts Blätter mit Grammatikaufgaben an.
Frauen/Migration

Land fördert Frauen mit Zuwanderungsgeschichte

Ein Güterzug fährt über eine Bahnkreuzung (Quelle: dpa).
Schienenverkehr

Plattform für Sicherheit im Schienenverkehr gestartet

Arbeiter verlegen Rohre für ein Wärmenetz. (Foto: © dpa)
Wärmeversorgung

700.000 Euro für drei weitere Wärmenetze

Visualisierung vom Anbau der Frauenklinik am Universitätsklinikum Tübingen Ansicht West
Universitätsklinikum

Arbeiten für Anbau der Frauenklinik am Uniklinikum Tübingen beginnen

Ein Bauarbeiter füllt eine Fläche auf einer Baustelle mit Beton.
Klimaschutz

Pilotanlage zur Speicherung von CO2 in R-Beton

Familie auf Sofa
Familie

Familienförderstrategie verabschiedet

von links nach rechts: Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes Sintje Leßner, Noemi Jahli Anika-Avallone, Rektor Frank Haarer, Nicole Linder, Franziska Maria Martin, Kira Aileen Nußbaumer und Prorektor Rainer Hock, Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges
Justiz

168 angehende Rechtspfleger schließen ihr Studium ab

Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges auf der Bühne
Migration

Drittes Heidelberger Symposium zur Migrationspolitik

Zentrum für Islamische Theologie Campus der Theologien Universität Tübingen Visualisierung von Außen
Hochschulen

Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Tübingen

Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seiner Begrüßungsrede
Medienpolitischer Kongress

Kretschmann: Transparenz in Netz und Medien wichtig

Logo von MedienFokus BW
Medienbildung

Aus Kindermedienland wird MedienFokus BW

Ein Prüfstandshandwerker begutachtet am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein Raketen-Triebwerk
Luft- und Raumfahrt

THE Aerospace LÄND in Berlin

Eine Doktorandin aus Venezuela arbeitet im Labor. (Bild: © dpa)
Gleichstellung

13. Bilanzgespräch zu „Frauen in MINT-Berufen“