Gespräch

Kretschmann tauscht sich mit Nadia Murad aus

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Monitor bei einer Videoschaltkonferenz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad
Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einer Videoschaltkonferenz mit Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich im Rahmen einer Videoschaltkonferenz mit Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad zu Perspektiven für Ezidinnen und Eziden im Irak und in Deutschland ausgetauscht.

„Das heutige Gespräch mit Nadia Murad gab intensive Einblicke in die aktuelle Situation der Ezidinnen und Eziden – sowohl in der Provinz Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan-Irak, in deren Heimatgebieten in Sinjar im Nordirak und auch hier in Baden-Württemberg. Ich bin Nadia Murad sehr dankbar für diesen wertvollen Austausch, durch den wir nicht zuletzt erfahren konnten, wie wir als Landesregierung helfen und unser Engagement für Ezidinnen und Ezidinnen weiterführen können“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Rahmen einer Videoschaltkonferenz mit Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad am Mittwoch, 27. Januar 2021.

Dankbar für wertvollen Austausch

Viele der über 300.000 Ezidinnen und Eziden, die in den Lagern in der Provinz Dohuk Zuflucht vor der Verfolgung des sogenannten Islamischen Staates fanden, kehrten nun in ihre Heimatorte zurück und man wolle diese Menschen auch weiterhin bestmöglich unterstützen, so Kretschmann. „Aber auch hier bei uns, wo momentan die ersten Prozesse gegen mutmaßliche IS-Anhänger laufen, wollen wir den Überlebenden weiter beistehen“, sagte Kretschmann.

Im Gespräch hatte Nadia Murad erklärt, dass das ezidische Volk Gerechtigkeit verdiene und Täter und Täterinnen, die Menschenrechtsverbrechen begangen hätten, zur Rechenschaft gezogen werden müssten. „Es ist von größter Wichtigkeit, dass Staaten ihre Staatsangehörigen vor Gericht stellen, die im Namen des sogenannten Islamischen Staates insbesondere Verbrechen gegen ezidische Frauen verübt haben“, unterstrich die Friedensnobelpreisträgerin. Zudem bedankte sie sich bei der Bundesrepublik Deutschland, der Landesregierung von Baden-Württemberg und Ministerpräsidenten Kretschmann für deren Einsatz für die ezidische Gemeinschaft und die Überlebenden sexualisierter Gewalt.

Unterstützung in Deutschland

In Deutschland laufen momentan mehrere Prozesse, in denen auch Völkermordverbrechen an Eziden verhandelt werden. Nadia Murad machte im Gespräch deutlich, welch große Herausforderung die fernab des Irak stattfindenden und in deutscher Sprache geführten Prozesse für die Betroffenen darstellten. „Wenn Verbrechen angeklagt werden, wenn Täter bestraft werden, kann auch dies heilende und friedensstiftende Wirkung haben“, so Kretschmann im Gespräch. Gemeinsam mit Nadia Murad wolle man sich hier engagieren, die Strafprozesse zu begleiten und in die ezidische Gemeinschaft zu vermitteln.

Engagement für humanitäre Projekte im Sinjar

Ministerpräsident Kretschmann unterstrich: „Bisher haben wir aufgrund der angespannten Sicherheitssituation in Sinjar Projekte in der Provinz Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan-Irak gefördert. Nun wollen wir als Landesregierung auch die in ihre Heimat zurückkehrenden Ezdinnen und Eziden in Sinjar unterstützen“. Sinjar war vor 2014 das kulturelle Zentrum der Eziden, die Region ist nicht nur geographische Heimat – die ezidische Geschichte und Kultur sind tief mit dieser Region verbunden. Die Umsetzung von Projekten in dieser Region sei jedoch besonders herausfordernd, so der Ministerpräsident. Mit kompetenten regionalen Partnerorganisationen wolle die Landesregierung die Menschen darin unterstützen, den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben in ihrer Heimat zu gehen.

Nadia Murad berichtete im Gespräch auch über die Arbeit ihrer Hilfsorganisation „Nadia’s Initiative“. Die Organisation setzt sich für ezidische Überlebende von Völkermord und sexueller Gewalt ein und arbeitet am Wiederaufbau des Sinjar durch Projekte, die sich auf Bildung, Gesundheit, sauberes Wasser sowie die Unterstützung von Frauen bei der Existenzsicherung konzentrieren.

Einsatz für ein weiteres Kontingent

Abschließend hob Ministerpräsident Kretschmann hervor: „Sechs Jahre, nachdem wir in Baden-Württemberg 1.000 besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder aufgenommen haben, höre ich mit Freude von den Fortschritten, die gerade die jungen Frauen hier bei uns machen – viele schließen mit guten Noten ihre Schulbildung ab, beginnen eine Ausbildung und machen Pläne für die Zukunft. Das macht mich hoffnungsvoll. Und es bestätigt unsere Entscheidung von damals, über ein Kontingent Hilfe für die besonders Schutzbedürftigen zu leisten.“ Andere Staaten seien dem Beispiel Baden-Württembergs gefolgt und hätten ebenfalls Kontingente für Überlebende des Genozids geschaffen. Nach dem heutigen Gespräch sei ihm jedoch nochmals klargeworden, wie dramatisch die Lage nach wie vor sei, so befänden sich beispielsweise noch immer Hunderte junge Frauen in der Gewalt des IS. „Ich habe Frau Murad daher zugesagt, dass ich mich für ein weiteres Kontingent einsetzen werde“, betonte Kretschmann.

Mediathek: Bilder zum Herunterladen

Weitere Meldungen

Eine junge Frau mit gelbem Pullover hält ein Smartphone in der Hand.
Digitalisierung

Ausweis auf dem Handy ab 2. Januar 2027

Symbolbild zur Künstlichen Intelligenz mit einem Prozessor und dem Schriftzug "AI Artificial Intelligence Technology"
Künstliche Intelligenz

1,3 Millionen Euro für die Zukunft der photonischen KI

Bundeskanzlerin a. D. Dr. Angela Merkel (links) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (rechts)
Auszeichnung

Große Staufermedaille in Gold an frühere Bundeskanzlerin

Kabinettssitzung in der Villa Reitzenstein in Stuttgart
Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 9. Dezember 2025

Ein Mitarbeiter geht durch einen Büroraum.
Innovation

Neue Landesgesellschaft soll Start-ups stärken

Ein Schild mit der Aufschrift „Flüchtlingserstaufnahmestelle“, im Hintergrund ein Fahrzeug an einer Einfahrt.
Migration

Kabinett billigt Pläne für Landeserstaufnahme in Stuttgart-Weilimdorf

Container werden auf einem Container-Terminal transportiert. (Foto: © dpa)
Lieferkettengesetz

Einigung bei EU-Lieferkettengesetz und zu Nachhaltigkeitsberichten

Rauch steigt aus einem Schornstein in einen wolkenlosen sonnigen Himmel auf. (Foto: © dpa)
Klimaschutz

Sofortvollzug nach Klage von Solvay

Eine Hand tippt auf einer Tastatur.
Polizei

Erneuter Schlag gegen Cyberkriminelle

Feld mit Blühstreifen
Landwirtschaft

Einsatz von Pflanzenschutz­mitteln erneut gesunken

IMK 2025
Sicherheit

Wichtige Beschlüsse der Innenministerkonferenz

Die IBK-Regierungschefs bei der symbolischen Steuerradübergabe im Zeppelin-Hangar Friedrichshafen, im Hintergrund steht ein Zeppelin.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Bodenseeraum als Modellregion weiterentwickelt

Minister Manne Lucha und Staatsministerin Madhuri Misal des indischen Bundesstaats Maharashtra sitzen nebeneinander an einem Tisch und unterzeichnen Dokumente.
Delegationsreise

Baden-Württemberg und Maharashtra vertiefen Partnerschaft

Gruppenbild Agrarministertreffen
Landwirtschaft

Deutsche Agrarminister treffen sich in Brüssel

Mitarbeiter des Bereichs der atmosphärischen Aerosolforschung beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten im Wolkenlabor an der Anlage für Aerosol Interaktionen und Dynamik in der Atmosphäre (AIDA). (Foto: dpa)
Ländlicher Raum

Land fördert Innovationen und nachhaltige Technologien