Das Land würdigt den Bauernkrieg der Jahre 1524/1525 durch eine Große Landesausstellung. Neben einer kulturhistorischen Ausstellung in Bad Schussenried sind eine interaktive Ausstellung sowie eine Kindermitmachausstellung in Stuttgart vorgesehen. Auch ein digitales und ein mobiles Format sind geplant.
Der von Südwestdeutschland ausgehende Bauernkrieg der Jahre 1524/1525 wird in Baden-Württemberg mit einer Großen Landesausstellung gewürdigt. „Die mit dem Bauernkrieg verbundenen Ziele und Werte wie Freiheitsrechte oder Mitbestimmung und der Wunsch nach demokratischen Entscheidungsprozessen haben nichts von ihrer Aktualität verloren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag, 17. Oktober 2023, in Stuttgart. Ziel der Landesregierung sei es daher, nicht nur an die Ereignisse von 1525 zu erinnern, sondern auch das Bewusstsein für die mit dem Aufstand verbundenen Werte nachhaltig zu schärfen. „Wir können für unsere Gegenwart und die Zukunft nur lernen, wenn wir auf die Vergangenheit blicken und sie auch sichtbar und greifbar machen. Ein Blick auf das Jahr 1524/25 eröffnet deshalb auch in der Gegenwart Perspektiven“, so der Ministerpräsident.
Die vom Landesmuseum Württemberg konzipierte Große Landesausstellung sieht neben einer kulturhistorischen Ausstellung im Kloster in Bad Schussenried unter anderem auch eine interaktive Ausstellung zu verschiedenen, auch aktuellen Protesten sowie eine Kindermitmachausstellung in Stuttgart im Alten Schloss vor.
Staatssekretär Arne Braun sagte: „Die Großen Landesausstellungen sind für die Menschen in Baden-Württemberg identitätsstiftend. Mit ihnen wird das Kultur- und Wissenschaftsland Baden-Württemberg zum Raum für Abenteuer und Entdeckungen – und zur Heimat. Ganz nebenbei gibt es auch eine Menge zu lernen. Seit der großen Stauferausstellung im Jahre 1977 gehören sie zur gesellschaftlichen DNA des Landes.“
Die Große Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“ ist mit einem Gesamtbudget von 7,15 Millionen Euro die bislang aufwändigste und umfangreichste Ausstellung. Besonders erfreulich ist, dass die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien auf den Antrag des Landesmuseums insgesamt drei Millionen Euro zur Verfügung stellt, wie Arne Braun berichtete: „Damit unterstreicht auch der Bund die Bedeutung des Bauernkriegs und adelt die Konzeption des Landesmuseums.“ Baden-Württembergs Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst fördert die Ausstellung mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. Der Rest sind Mittel von Sponsoren und Förderern.
Zusätzliches digitales und mobiles Format geplant
Der Bauernkrieg entwickelte sich auch in Oberschwaben vornehmlich in der Fläche. Daher wird es neben den beiden Ausstellungen in Bad Schussenried und Stuttgart auch ein digitales und ein mobiles Format geben. Prof. Dr. Christina Haak, die neue Direktorin des Landesmuseums Württemberg, erläuterte die Planung: „Auf der Plattform Instagram setzen wir Geschichten und Ereignisse des Bauernkriegs auf innovative Weise und in persönlichen Erzählungen um. Acht einzigartige Charaktere aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten der Zeit um 1525, darunter auch der Adelige und Bauernführer Götz von Berlichingen, schildern ihre persönliche Sicht auf die historischen Ereignisse. Das mobile Format nutzt Bewegung als Erzählformat für die Ereignisse von 1525. Das Landesmuseum Württemberg bringt die Geschichte dorthin, wo sie entstand – in die Region und zu den Leuten. Gemeinsam mit den Akteuren vor Ort lassen wir so Geschichte lebendig im hier und heute aufleben.“
„Uns war es wichtig, von Anfang an insbesondere die Region Oberschwaben in die Planungen einzubinden“, sagte Staatssekretär Arne Braun. Grundlage der Planungen war ein regelmäßig tagender Runder Tisch mit aller Beteiligten, der kürzlich zum vierten Mal getagt hat. Hier, aber auch in den Beiräten, die das Landesmuseum Württemberg eingerichtet hat, konnten und können Anregungen, aber auch Bedenken eingebracht werden.
Bestandteile der Großen Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“
Die Ausstellung soll ausgehend vom Bauernkrieg Strukturen und Abläufe von Protestbewegungen aufzeigen und wird erlebnisorientiert und interaktiv gestaltet. Im Kindermuseum Junges Schloss sollen anknüpfend an die Lebenswelt der Kinder gesellschaftsrelevante Themen aufgegriffen werden. Die Mitmachausstellung für Kinder ab vier Jahren und ihre Familien beschäftigt sich mit dem Umgang mit Konflikten rund um das Thema Streit.
Es handelt sich um eine kulturhistorische Ausstellung, die Oberschwaben, eines der Zentren des Bauernkriegs besonders in den Blick nimmt.
Mindestens acht historische Persönlichkeiten und Figuren aus dem Bauernkrieg werden aus ihrer jeweiligen Perspektive auf die Geschehnisse blicken. Vertreten sind einfache Bauern und Akteure aus Kirche und Kunst. Zu verfolgen auf Instagram und der Webseite. Durch die Einbettung in ein digitales Storytelling und in der Visualisierung auch mit Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) treten sie untereinander und mit Userinnen und Usern in einen Dialog.
Um der regionalen Vielgestaltigkeit des Themas gerecht zu werden, wird der Bauernkrieg auch im Rahmen einer mobilen „Roadshow“ für Bürgerinnen und Bürger an bis zu 20 Orten im Land erlebbar. So wie die Aufständischen des 16. Jahrhunderts wird auch die Roadshow des Landesmuseums Württemberg durch die Lande ziehen – performativ, partizipativ, unterhaltsam und rasant! Zentrale Orte des Bauernkriegsgeschehens feiern mit der Roadshow ihre Geschichte und ihre Gegenwart. Die Roadshow wird gefördert durch die Baden-Württemberg Stiftung.
Bauernkrieg 1524/1525
Der Bauernkrieg der Jahre 1524/1525 ist ein historisch wichtiges Ereignis, das sich von Südwestdeutschland aus, von Oberschwaben über Württemberg, Franken und Thüringen bis nach Mitteldeutschland gezogen hat. Er prägte auf Generationen das kollektive Gedächtnis insbesondere in Oberschwaben. Zahlreiche Aufstände der ländlichen Bevölkerung vor allem in der Mitte und im Südwesten Deutschlands hielten den Adel, die Kirchenvertreter und die städtischen Obrigkeiten in Atem. Auch unter Berufung auf reformatorische Schriften (unter anderem auf jene Martin Luthers) war aus regionalen Äußerungen von rechtlich-sozialer Unzufriedenheit bald ein Flächenbrand entstanden, der von den Obrigkeiten fast überall blutig niedergeschlagen wurde. Oberschwaben gehört zum Kerngebiet der Bauernkriegsbewegung und hat durch die in Memmingen verfassten „Zwölf Artikel“ der oberschwäbischen Bauern eine besondere Bedeutung.