Die Landesregierung hat am Montag, 7. Oktober 2024, im Neuen Schloss Stuttgart einen Gesellschaftsvertrag für die Zukunft der Landwirtschaft und der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg (PDF) unterzeichnet – gemeinsam mit rund 50 Vertretern aus Landwirtschaft, Naturschutz, Handel, Verarbeitung, Erzeugung, Gesellschaft, Wissenschaft, Kirchen und Politik. Der Vertrag zielt auf konkrete Lösungen, um die Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten, regionale Erzeuger und gleichzeitig die biologische Vielfalt in Baden-Württemberg zu stärken. Er ist Ergebnis des breit angelegten Strategiedialogs Landwirtschaft, den die Landesregierung im September 2022 initiiert hatte.
„Wir stehen vor großen Herausforderungen: Klimakrise, Artensterben und ein gesellschaftlicher Wandel, der von unseren Landwirten immer mehr verlangt. Diese Situation lässt sich nicht durch politische Einzelmaßnahmen lösen. Der Gesellschaftsvertrag zeigt, dass wir gemeinsam Verantwortung für die Zukunft unserer Landwirtschaft übernehmen wollen. Wir haben einen breit getragenen Konsens geschaffen, der alle relevanten Akteure einbindet und Naturschutz und Landwirtschaft zusammenbringt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Handlungsempfehlungen und konkrete Selbstverpflichtungen
Der Gesellschaftsvertrag umfasst Handlungsempfehlungen und konkrete Selbstverpflichtungen der beteiligten Akteure in fünf Bereichen:
Ein zentrales Ziel ist die Stärkung der regionalen Wertschöpfung. „Regionale und hochwertige Lebensmittel mit kurzen Transportwegen kommen unseren heimischen Landwirten und der lokalen Wirtschaft zugute, aber auch dem Klima und der Artenvielfalt. Wir setzen daher auf enge Kooperationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von den Landwirtinnen und Landwirten über die Verarbeitungsbetriebe bis hin zum Handel. Verlässliche Partnerschaften und langfristige Abnahmeverträge schaffen Planungssicherheit und stärken so vor allem kleinere, familiengeführte Betriebe“, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Der Lebensmittelhandel wird das Angebot an (bio-)regionalen Produkten verbessern. „Regionale Lebensmittel stehen künftig deutlich besser sichtbar in den Regalen. Darunter fallen auch Produkte mit dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg und dem Biozeichen Baden-Württemberg. Wir wollen diese Programme inhaltlich weiterentwickeln und auf weitere Produktgruppen ausweiten, um die Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion zu fördern“, so Hauk weiter.
„Nachhaltige Landwirtschaft muss sich für unsere Bäuerinnen und Bauern auch wirtschaftlich lohnen. Wir brauchen dringend zielgerichtete Anreize und Fördermaßnahmen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Gerade kleinere landwirtschaftliche Strukturen weisen eine höhere Artenvielfalt auf und müssen bei der Förderung verstärkt im Fokus stehen. Baden-Württemberg setzt sich dafür ein, dass Landwirte für ihre gemeinwohlorientierten Leistungen wie Umwelt- und Artenschutz gezielt belohnt werden, anstatt nur Mehrkosten und Ertragsverluste auszugleichen,“ sagte Umweltministerin Thekla Walker. Außerdem will das Land weiter bürokratische Hürden abbauen.
Eine transparentere Kennzeichnung regionaler Produkte soll Verbraucherinnen und Verbrauchern eine bewusstere Entscheidung beim Kauf ermöglichen. „Die Menschen müssen auf den ersten Blick erkennen können, welche Lebensmittel regional erzeugt werden und welchen positiven Einfluss sie auf Umwelt und Artenvielfalt haben. Nur so können wir nachhaltigen Konsum langfristig stärken,“ betonte Minister Hauk. Begleitend dazu sollen umfangreiche Marketingmaßnahmen die Sichtbarkeit regionaler Produkte stärken und die Nachfrage erhöhen. Mit einer groß angelegte Image- und Informationskampagne will Baden-Württemberg das Bewusstsein der Verbraucher für regionale Landwirtschaft, Biodiversität und Nachhaltigkeit stärken. Zudem sollen alle Marketingaktivitäten unter einer Dachmarke vereint werden, um eine starke Wiedererkennung und effektivere Kommunikation zu gewährleisten.
Die Außer-Haus-Verpflegung spielt eine entscheidende Rolle bei der Absatzförderung regionaler und ökologischer Produkte. In Kantinen, Mensen und Restaurants sollen bioregionale Produkte daher vermehrt Eingang in die Speisepläne finden. Die Landesregierung hat bereits reagiert und schreibt in den eigenen Kantinen den Einsatz von 75 Prozent regionalen und 40 Prozent bioregionalen Lebensmitteln bis 2030 vor.
Die Bedeutung von Landwirtschaft und Biodiversität soll stärker in der öffentlichen Bildung verankert werden. Bereits ab dem Kindergarten sollen Bildungsangebote den Wert der Landwirtschaft und die Notwendigkeit des Umweltschutzes noch besser vermitteln. Der Gesellschaftsvertrag sieht darüber hinaus gezielte Weiterbildungsangebote für Landwirte vor. Gleichzeitig will das Land die Verknüpfung von Landwirtschaft und Naturschutz insbesondere in den unteren Verwaltungsebenen ausbauen, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und gemeinsame Ziele zu erreichen.
Land stellt zusätzlich 143 Millionen Euro für Umsetzung bereit
Für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen aus dem Strategiedialog hat die Landesregierung im Doppelhaushalt 2025/2026 und den Folgejahren zusätzlich knapp 120 Millionen Euro vorgesehen. Dazu kommt die Sicherung von Landesmitteln nach dem Wegfall einer Bundesförderung, so dass die Gesamtsumme 143 Millionen Euro beträgt. Mit einer jährlichen Veranstaltung will die Landesregierung den Fortschritt der Roadmap überprüfen. So soll der Gesellschaftsvertrag eine zukunftsfähige Landwirtschaft und den Schutz der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg dauerhaft und nachhaltig sichern.
Gesellschaftsvertrag
Ergebnisberichte
Ergebnisbericht des Strategiedialogs Landwirtschaft (PDF)
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe 1 (PDF)
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe 2 (PDF)
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe 3 (PDF)
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe 4 (PDF)
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe 5 (PDF)