Eine vom Land finanzierte Studie soll herausfinden, welche Rolle Kinder unter zehn Jahren bei der Verbreitung des Coronavirus spielen. Vier Universitätskliniken im Land beteiligen sich an der Studie, die auf eine Initiative von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zurückgeht.
Wie häufig sind Kinder vom Coronavirus betroffen und welche Rolle spielen sie bei der Ausbreitung des Virus? Um diese Frage beantworten zu können, hat die Landesregierung eine Screening-Studie in Auftrag gegeben, an der sich vier Universitätskliniken in Baden-Württemberg beteiligen wollen. Die Idee dazu ist im Wissenschafts-Beraterkreis des Ministerpräsidenten entstanden. „Wir müssen rasch klären, ob wir bei Kindern eine andere Ausgangslage haben als bei Erwachsenen. Daraus können wir Rückschlüsse ziehen für wichtige Fragen, wie das Virus auf die Gesellschaft wirkt, denn nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnis können wir unsere politischen Entscheidungen unter klaren epidemiologischen Prämissen treffen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Land finanziert Studie
Die Kosten der Studie belaufen sich auf rund 1,2 Millionen Euro, die das Land übernehmen wird. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sagte in Heidelberg: „Diese Studie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie eng Politik und Wissenschaft im Kampf gegen das Coronavirus zusammenarbeiten. Ich freue mich über die Schnelligkeit, mit der die vier Universitätskliniken in Baden-Württemberg die Initiative von Ministerpräsident Winfried Kretschmann aufgenommen und umgesetzt haben. Das ist beeindruckend und zeigt die Schlagkraft unserer Universitätsmedizin.“
Kinder sind die Hauptbetroffenen
„Bei allen Einschränkungen an persönlichen Freiheiten, die wir der Bevölkerung zumuten müssen, sind Kinder die Hauptbetroffenen. Wir nehmen ihnen die Kita, die Schule, den Zugang zu ihren Freunden. Deshalb ist es eminent wichtig, mehr darüber zu wissen, ob die Schließungen überhaupt epidemiologisch gerechtfertigt sind“, so Bauer weiter. Die Federführung für die Kinderstudie liegt beim Zentrum für Infektionskrankheiten und beim Zentrum für Kinder und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Beteiligen wollen sich auch die Universitätskliniken in Freiburg, Tübingen und Ulm.
Die tatsächliche Rolle von Kindern bei der Verbreitung des Coronavirus kann derzeit nur grob abgeschätzt werden. Eine Studie in Island hatte kürzlich gezeigt, dass Kinder unter zehn Jahren dort deutlich seltener mit Covid-19 infiziert waren als Erwachsene. Frühere Daten aus China hatten dagegen nahegelegt, dass Kinder ähnlich häufig infiziert sind, aber viel seltener erkranken als Erwachsene. Nun soll herausgefunden werden, wie sich das in Baden-Württemberg verhält.
Die Studie
An der Studie teilnehmen sollen rund 2000 Eltern-Kind-Paare, 500 pro Standort. Teilnehmer wären jeweils ein Kind im Alter von ein bis zehn Jahren sowie ein Elternteil. Untersucht werden soll etwa, wie viele Kinder und deren Eltern aktuell mit dem Corona-Virus infiziert sind bzw. bereits Kontakt zum Coronavirus hatten und daraufhin Antikörper als Abwehrstoffe gebildet haben. Die Forscher erwarten unter anderem Hinweise darauf, ob Kinder tatsächlich weniger häufig infiziert sind oder waren als ihre Eltern. Wichtige Erkenntnisse erhoffen sich die Wissenschaftler außerdem vom Vergleich der Ergebnisse bei Kindern, die in Notbetreuungen weiterhin mit anderen Kindern Kontakt hatten, mit den Ergebnissen bei Kindern, die seit Wochen ausschließlich in der Kernfamilie gelebt haben.