Tradition

Neue Dialektstrategie für Baden-Württemberg

Mit der neuen Dialektstrategie für Baden-Württemberg will das Land die Mundarten bewahren und stärken. Die Strategie ruht auf vier Säulen mit jeweils zahlreichen Einzelmaßnahmen.

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Foto einer Broschüre mit dem Titel "Mundarten bewahren und stärken. Dialektstrategie für Baden-Württemberg".

Die Landesregierung hat am 8. April 2025 eine umfassende Strategie zur Bewahrung und Stärkung der vielfältigen historischen Dialekte im Land (PDF) beschlossen. „Dialekte dienen nicht nur der Verständigung, sondern stiften auch Identität und Zusammenhalt. Sie sind zugleich Ausdruck unseres enormen kulturellen Reichtums, den es zu bewahren gilt. Der Dialekt liegt mir deshalb sehr am Herzen. Mit unserer neuen Dialektstrategie wollen wir die lebendige Tradition, wo es sie noch gibt, bewahren, fördern und stärken – für die Menschen von heute und morgen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats. Neben dem Schwäbischen gehören zu den historischen Dialekten in Baden-Württemberg das Alemannische und im Norden Formen des Fränkischen. „Früher galten solche Mundarten oft als ‚Sprachbarrieren‘. Heute werden sie als Formen der inneren Mehrsprachigkeit geschätzt, weil sie sogar den Fremdsprachenerwerb erleichtern können. Sie sind also differenzierte Sprachsysteme, kulturelle Schätze und eine kostbare Ressource“, betonte Kretschmann.

Mit unserer neuen Dialektstrategie wollen wir die lebendige Tradition, wo es sie noch gibt, bewahren, fördern und stärken – für die Menschen von heute und morgen.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Arne Braun, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sagte: „Dialekt ist wie nach Hause kommen – ein Wohlgefühl, abgeholt und verstanden werden – Heimat! Mit unserer Dialektinitiative beweisen wir nachdrücklich, wie offen unsere Kulturarbeit in Baden-Württemberg aufgestellt ist – traditionell und zeitgemäß, progressiv und bewahrend, originell und beschützend. Genau deshalb sind uns auch die Kategorien ‚Junge Generation‘ und ‚Neue Medien‘ beim neuen Landespreis für Dialekt besonders wichtig. Ein gut gemachter TikTok-Kanal kann Dialekte ebenso lebendig werden lassen wie das klassische Bühnenkabarett.“

„Als universitäre Einrichtung untersuchen wir die Vielzahl sprachlicher Varietäten, die im Land gesprochen werden, und machen unsere Erkenntnisse auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, etwa in Form von Ausstellungen, Materialien für Schulen oder Podcasts. Damit soll ein Bewusstsein geschaffen werden für die Mehrsprachigkeit, wie sie heute den sprachlichen Alltag der Menschen prägt. Die Forschung kann damit aktiv einen Beitrag leisten, um sprachbezogene Diskriminierung abzubauen. Ich freue mich daher besonders, dass die Erkenntnisse unserer wissenschaftlichen Arbeit auch in die ressortübergreifende Dialektstrategie für Baden-Württemberg einfließen“, sagte Dialektforscher Prof. Dr. Hubert Klausmann von der Arbeitsstelle „Sprache in Südwestdeutschland“ des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen, der zugleich Mitglied im Beraterkreis der Dialektinitiative beim Ministerpräsidenten ist.

Dialekte in Gefahr

Dialekte seien, so der Ministerpräsident weiter, „unser Erbe, wie Tiere und Pflanzen“. Ihre Gemeinsamkeit sei aber auch: „Wenn der Dialekt mal weg ist, ist er ausgestorben“.

Laut einer Studie des Ludwig-Uhland-Instituts sprechen nur noch 11 bis 15 Prozent der Grundschüler Dialekt. Viele Dialektsprechenden berichten von der Erfahrung, wie ihnen der Dialekt früher „ausgetrieben“ werden sollte – im Widerspruch zu den heutigen Erkenntnissen.

Strategie zur Bewahrung und Stärkung

Um die vielerorts noch sehr lebendige Tradition zu bewahren und zu fördern, haben mehrere Ministerien gemeinsam – unter Federführung des Staatsministeriums – ein Strategiepapier (PDF) erarbeitet. Unter dem Titel „Mundarten bewahren und stärken“ werden die Aktivitäten aus Zivilgesellschaft und Landesverwaltung zusammengestellt und Ziele definiert. Diese Strategie ruht auf vier Säulen mit jeweils zahlreichen Einzelmaßnahmen:

  • Wissen erhalten und stärken (Forschung und Dokumentation innerhalb und außerhalb der Universitäten),
  • Sichtbarkeit verschaffen (unter anderem durch die neue Marke „DialektLÄND“ unter der Dachmarke „THE LÄND“),
  • Bildung vermitteln (Kenntnis und Nutzung des Dialekts als sprachliche Ressource in Kindertagesstätten und Schulen),
  • Zivilgesellschaft stärken (Förderung zum Beispiel des Dachverbands der Dialekte Baden-Württemberg und des neuen Landespreises für Dialekt).

Wesentliche Maßnahmen

Neben dem Staatsministerium sind vier Fachressorts in die Initiative eingebunden: Das Wissenschaftsministerium etwa fördert die Dialektforschung unter anderem an den Universitäten Freiburg und Tübingen. 2024 wurde erstmals der Landespreis für Dialekt vergeben. Zudem soll das Thema Dialekte noch stärker in die Förderung der Breitenkultur einbezogen werden. Das Kultusministerium kümmert sich darum, dass der Dialekt von der frühkindlichen Bildung über die Schule bis zu den Volkshochschulen thematisiert und als wertvolle sprachliche Ressource erkannt wird. Angebote des Projekts „Mundart in der Schule“ sollen gefördert werden. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) schafft zudem in Zusammenarbeit mit dem Tübinger Ludwig-Uhland-Institut Dialekt-Angebote für Lehrkräfte. Das Innenministerium integriert die Dialekte verstärkt in die Heimattage Baden-Württemberg. Das Ministerium für Ländlichen Raum ist mit diversen Projekten an der Dialektinitiative beteiligt, beispielsweise hat es Angebote zum kulturellen Wandel im ländlichen Raum angestoßen.    

Dialekte in Baden-Württemberg

Die Dialekte in Baden-Württemberg, deren Verbreitungsgebiete teils über die Landesgrenzen hinausreichen, werden dem Fränkischen und dem Schwäbisch-Alemannischen mit den folgenden großen Dialektfamilien zugeordnet:

  • Rheinfränkisch (in Baden-Württemberg nur im Raum Mannheim vertreten),
  • Süd- und Ostfränkisch (Nordwesten und Nordosten),
  • Alemannisch (Südwesten),
  • Schwäbisch (Mitte, Osten und Südosten; in der Forschung auch den alemannischen Dialekten zugerechnet).

Wenn man umgangssprachlich von „Badisch“ spricht, so sucht man vor allem einen Gegenbegriff zum Schwäbischen und meint damit so unterschiedliche Mundarten wie das Fränkische im Norden oder das Oberrhein-, Hoch- oder Bodensee-Alemannische im Südwesten.

Am 12. Juli 2023 hat sich der Dachverband der Dialekte Baden-Württemberg (DDDBW) e.V. gegründet.

Dialekt-Strategie für Baden-Württemberg (PDF)

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