Bei einem Festakt zum 70-jährigen Bestehen des Bundes der Vertriebenen haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl die Leistung der Heimatvertriebenen beim Aufbau von Baden-Württemberg gewürdigt.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Leistung der Heimatvertriebenen beim Aufbau von Baden-Württemberg gewürdigt. Kretschmann sagte vor dem Festakt zum 70-jährigen Bestehen des Bundes der Vertriebenen am Samstag, 23. April 2022, in Stuttgart, das Jubiläum und das des Landes hingen eng zusammen. „Denn die Heimatvertriebenen haben bei der Volksabstimmung im Dezember 1951 nahezu geschlossen für den Südweststaat gestimmt.“ Sie hätten so den entscheidenden Ausschlag für die Gründung des Landes Baden-Württembergs wenige Monate später gegeben. „Die heimatvertriebenen Deutschen wollten in der neuen Heimat gute Staatsbürger sein.“
Kretschmann erinnerte auch an das Leid der Vertriebenen. Der Grünen-Politiker sagte: „Unrecht ist und bleibt es, wenn unschuldige Frauen, Männer und Kinder willkürlich aus ihrer Heimat vertrieben, wenn sie enteignet oder ermordet werden.“ Unrecht sei und bleibe es, wenn Menschen allein ihrer Volkszugehörigkeit wegen verfolgt, diskriminiert und an Leib und Seele bedroht werden.
Politik würdigt Rolle der Vertriebenen beim Aufbau des Südweststaats
Der Stellvertretende Ministerpräsident, Innenminister und Landesbeauftragte für Vertriebene und Spätaussiedler Thomas Strobl erklärte zum 70-jährigen Bestehen des Bundes der Vertriebenen:
„Seit 70 Jahren ist der BdV nun in Baden-Württemberg aktiv, vertritt erfolgreich die Interessen seiner Mitglieder und setzt sich in vielfältiger Weise für die Bewahrung der Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa ein. Wir feiern in diesen Tagen 70 Jahre BdV und 70 Jahre Baden-Württemberg – und beide Jubiläen sind eng verknüpft. In Baden-Württemberg ist es uns gemeinsam gelungen, auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges eine neue Zukunft aufzubauen. Unser Land hat von der Aufnahme der Vertriebenen und Flüchtlinge sehr profitiert. Die Zuwanderung in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die rund ein Fünftel der Bevölkerung im Gebiet des heutigen Baden-Württembergs umfasste, war in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn: ein Gewinn an hoch motivierten Beschäftigten und Selbständigen, deren Einsatzbereitschaft eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung in den 1950er-Jahren war, ein Gewinn an vielfältigen Erfahrungen beim Zusammentreffen von Menschen mit unterschiedlichem kulturellen und historischem Hintergrund und letztendlich ein Gewinn für unseren Staat selbst. Denn ohne die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen gäbe es Baden-Württemberg gar nicht, gerade auch ihre Stimmen gaben bei der Volksabstimmung im Dezember 1951, die zur Gründung des Südweststaates führte, den Ausschlag.
Der BdV und die Landsmannschaften setzen sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene seit Jahrzehnten nachdrücklich für Versöhnung und Frieden in Europa ein. Gemeinsames und Verschiedenes zu kennen und sich damit auseinanderzusetzen, ist letztendlich die beste Grundlage für eine tragfähige Völkerverständigung. Diese Aufgabe und ihre Bedeutung ist angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine hochaktuell und nicht hoch genug zu bewerten. Wer glaubte, dass der Frieden in Europa selbstverständlich und für alle Zeiten gesichert ist, wurde in den vergangenen Wochen eines Besseren belehrt. Wir müssen daraus die Lehre ziehen, dass Frieden, Freiheit und Toleranz immer wieder unseren vollen Einsatz erfordern.“
Etwa 15 Millionen Deutsche verloren im Zweiten Weltkrieg durch Flucht und Vertreibung ihr Zuhause. In Stuttgart wurde auch die Charta der Heimatvertriebenen verkündet. Sie gilt als das Grundgesetz der deutschen Heimatvertriebenen. In ihrer Charta hatten diese am 5. August 1950 erklärt, auf Rache und Vergeltung zu verzichten und an der Schaffung eines friedlichen, freiheitlichen und geeinten Europas mitzuwirken.
Quelle:
dpa/lsw und Innenministerium Baden-Württemberg