Die Lenkungsgruppe „Ukraine“ befasste sich in ihrer Sitzung am 27. April 2022 erneut mit der aktuellen Situation in der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung. Weitere Themen auf der Tagesordnung waren die Versorgungssicherheit sowie die aktuelle Situation in Schulen und der Kindertagesbetreuung.
Mehr als 84.000 Flüchtende aus Ukraine in Baden-Württemberg angekommen
Das Ministerium der Justiz und für Migration berichtete der Lenkungsgruppe von nach wie vor in größerer Zahl ankommenden Flüchtenden aus der Ukraine, wobei die Zugangszahlen im Vergleich zu den ersten Wochen des Krieges abgenommen hätten. Bis zum 26. April 2022 sind bereits über 16.000 Flüchtende aus der Ukraine in den Erstaufnahmeeinrichtungen angekommen. Die Zahl der in der Fläche ankommenden Flüchtenden aus der Ukraine wird nach Meldung der Ausländerbehörden durch die Regierungspräsidien erfasst. Es sei davon auszugehen, dass inzwischen insgesamt mehr als 84.000 Flüchtende aus der Ukraine in Baden-Württemberg angekommen sind, so das Ministerium. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sieht eine Unterbringung von Personen, die in den Anwendungsbereich des § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) fallen (was nach Aktivierung der Massenzustromrichtlinie durch die Europäische Union für Geflüchtete aus der Ukraine der Fall ist), unmittelbar in der vorläufigen Unterbringung der Stadt- und Landkreise vor, soweit kein privater Wohnraum zur Verfügung steht. Die Erstaufnahmeeinrichtungen fungieren daher, solange und soweit möglich, als Erstanlaufstelle für alle Personen, die weder privat, noch in der vorläufigen Unterbringung untergebracht werden, aber auch als Drehscheibe für Weiterleitungen durch den Bund.
Aktuell keine Produktions- und Versorgungsengpässe für Verbraucherinnen und Verbraucher
Das Landwirtschaftsministerium steht in ständigem engem Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Verbände der baden-württembergischen Land- und Ernährungswirtschaft, wie es der Lenkungsgruppe berichtete. Aktuell werden seitens der Verbände keine Produktions- und Versorgungsengpässe für Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg gemeldet. Die Warenversorgung mit Lebensmitteln sei weiterhin gesichert, so das Ministerium. Lediglich bei einzelnen Produkten könne es zu Lieferverzögerungen kommen. Allerdings stünden in der Regel immer genügend alternative Produkte zur Verfügung.
Mittel- bis langfristig könnten Versorgungsengpässe bei Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und anderen Produktionsmitteln eintreten, informierte das Landwirtschaftsministerium. Insgesamt sei die Ernährungsindustrie in Deutschland durch Preissteigerungen auch bei Vorleistungen (wie Düngemitteln und Energie) betroffen. In diesem Zuge sei eine weitere Verteuerung von Lebensmitteln sowie eine Steigerung der Inflationsrate nicht auszuschließen. Dies gelte für pflanzliche als auch für tierische Erzeugnisse. Die Ursachen lägen dabei nicht nur bei den Preissteigerungen für die agrarischen Rohstoffe, sondern auch bei den dadurch weiter gestiegenen Energiekosten entlang den gesamten Wertschöpfungsketten.
Auch die Versorgung mit Holz ist in Baden-Württemberg nach Angaben des Ministeriums trotz des Importstopps von russischem Holz weiter sichergestellt, da Deutschland Holz nicht in relevantem Umfang aus Russland bezieht.
Energieversorgung weiterhin gewährleistet
Das Umweltministerium betonte, es gebe weiterhin keine Engpässe bei der Energieversorgung. Der Stopp der russischen Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien habe nach momentaner Einschätzung keine Auswirkungen auf Deutschland und Baden-Württemberg. Auf Bundesebene stehen derzeit die Vorbereitungen mit Blick auf den nächsten Winter im Fokus, um die Energieversorgung zu sichern. Auf Bund-Länder-Ebene werden die Abstimmungen zur Vorbereitung auf einen etwaigen Krisenfall weiter vorangetrieben.
Etwa 9.400 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in baden-württembergischen Schulen
In Baden-Württemberg kommen weiterhin geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche an, die auch die Schulen und Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg besuchen. Das Kultusministerium informierte die Lenkungsgruppe, dass an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen zum Stand 25. April insgesamt etwa 9.400 aus der Ukraine geflüchtete Schülerinnen und Schüler gemeldet sind. Zum Stand 11. April waren es etwa 8.000 geflüchtete Schülerinnen und Schüler, die an den Schulen gemeldet waren – dies zeigt, dass die Zahlen steigen. Das Kultusministerium hat zur Anmeldung an der Schule Anmeldebögen bereitgestellt, die auch auf Ukrainisch und Russisch zur Verfügung stehen.
Für die Unterrichtung der zusätzlichen Schülerinnen und Schüler werden weitere Kräfte benötigt. Über das Vertretungspool(VPO)-Portal des Kultusministeriums haben sich bisher etwa 1.300 Personen gemeldet, die unterstützen möchten, darunter auch 320 ukrainische Lehrerinnen und Lehrer. Über 100 Personen haben bereits Verträge erhalten und unterstützen die Schulen bei der großen Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu integrieren und ihnen Deutsch beizubringen. Informationen zu Einstellungen finden sich unter anderem in den FAQ des Kultusministeriums, die ebenfalls übersetzt vorliegen (FAQ auf Ukrainisch / FAQ auf Russisch).
Für die Integration der Schülerinnen und Schüler können die Schulen – wenn die Deutschkenntnisse noch nicht ausreichend sein sollten – auf das bewährte Konzept der Vorbereitungsklassen und des „Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen“ (VABO) zurückgreifen. Sind bereits ausreichend Deutschkenntnisse vorhanden, kann die Beschulung auch in den regulären Klassen erfolgen. Im Vordergrund steht bei der Beschulung die Integration der Schülerinnen und Schüler sowie die Sprachförderung.
Im Bereich der Kleinkindbetreuung setzt Baden-Württemberg in enger Absprache mit den Trägern zunächst auf niedrigschwellige Betreuungsangebote wie zum Beispiel familiennahe Angebote für Mutter und Kind (beziehungsweise in Rufweite der Mütter), um den Kindern das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben oder auch Spielgruppen (Betreuung der Kinder ohne Bezugsperson in Rufweite). Nach wie vor ist die Fachkräftesituation an den Kindertageseinrichtungen auch aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie angespannt und die Einrichtungen haben unterschiedliche Kapazitäten, zusätzliche Kinder aufzunehmen. Mit den Trägern der Tageseinrichtungen wurde deswegen bereits vereinbart, dass der Mindestpersonalschlüssel bis zum Ende des aktuellen Kita-Jahres um bis zu 20 Prozent unterschritten werden kann.
Wenn ukrainische Erzieherinnen oder Erzieher in einer Kita tätig werden möchten, können sie bei der Zeugnisanerkennungsstelle beim Regierungspräsidium Stuttgart die Anerkennung ihrer Ausbildung beantragen und anschließend als Erzieherinnen und Erzieher arbeiten. Der Einsatz an Kitas ist als sogenannte zusätzliche Kraft (wird nicht auf den Mindestpersonalschlüssel angerecht) auch ohne Anerkennung möglich, der Träger kann dann über die Eignung für einen Einsatz entscheiden.
Informationen rund um die Ukraine-Krise
Pressemitteilung vom 26. April 2022: Flüchtlingslage in Baden-Württemberg stabil
Quelle:
/red