Themenfelder
Folgende Themenfelder wollen wir im Rahmen der Tagung beleuchten:
Transformation von oben herab wird nicht funktionieren. Denn sie erfordert einen langen Atem. Das wird nur durchzuhalten sein, wenn die Bürgerschaft die Transformation auch zum eigenen Projekt macht. Baden-Württemberg ist hier besonders gut aufgestellt, weil wir schon länger Erfahrungen mit verschiedenen Formen der politischen Bürgerbeteiligung sammeln. Zudem engagieren sich in keinem anderen Bundesland so viele Menschen ehrenamtlich wie im Südwesten.
Es gilt auszuleuchten, welchen Beitrag dialogische Beteiligung dazu leisten kann, um die Bürgerinnen und Bürger zu aktiven Mitgestaltern ihrer eigenen Zukunft zu machen und ihnen dabei gleichzeitig Halt im Wandel zu geben. Dabei sind die Aktivbürgerinnen und -bürger nicht nur ein wichtiges Pfund, um die Transformation in die Breite zu tragen und zum Erfolg zu bringen. Sondern sie leisten auch einen wichtigen Beitrag dabei, unerwünschte Folgen der Transformation abzumildern.
Die Wirtschaft ist einer der entscheidenden Akteure für eine gelingende Transformation. Insbesondere etablierte Unternehmen stehen symbolisch für diesen Prozess. In Unternehmen muss im Kleinen bewältigt werden, was auch im Großen stattfinden muss. Geschäftsmodelle müssen modifiziert, vielleicht sogar vollständig geändert werden. Während das Alte schwindet, muss das Neue vorangetrieben werden. Mitarbeiter müssen neu qualifiziert und weitergebildet werden. Zudem braucht es ein positives Klima, in dem Veränderungen gelingen können. Welche Verantwortung kommt Unternehmen im Transformationsprozess für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu? Welche Erwartungen können wir an die Wirtschaft richten? Welche Faktoren können begünstigen, dass betriebliche Transformationsprozesse und gesellschaftliches Miteinander zusammengehen?
Ein kluges Verständnis von Freiheit ist ganz entscheidend dafür, ob Zumutungen und Einschränkungen für ein gemeinsames höheres Gut akzeptiert werden. Denn ein verkürzter Freiheitsbegriff, der nur die Abwesenheit von Einmischung fordert, wird auf lange Sicht zu erheblichen Einschränkungen der kollektiven Entfaltungsspielräume führen. Das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts war ein Paukenschlag für die Entwicklung des Freiheitsbegriffs, weil aktuelle Eingriffe in Grundrechte mit in der Zukunft liegenden Einschränkungen der Freiheit abgewogen werden müssen. Dieser intertemporale Freiheitsbegriff ist ein nicht zu unterschätzender Schritt dahin, die Transformationspolitik als eine Politik für den Schutz der Freiheit zu verstehen.
Das deliberative Element ist eine Stärke unserer Demokratie und einer ihrer Stabilitätsfaktoren. Viele – nicht nur junge – Menschen werden aber zunehmend nachdenklich, ob die Funktionslogik und die Geschwindigkeit hergebrachter politischer Prozesse noch angemessen sind angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise. Das schnelle und entschlossene Handeln beim Kampf gegen die Corona-Pandemie wird als Messlatte auch für die Bekämpfung des Klimawandels herangezogen. Gefragt sind daher Ansätze, wie demokratische Prozesse responsiver werden können, und wie effiziente und befriedigende Entscheidungsfindungen gestärkt werden können.
Die Transformation stellt Routinen auf den Kopf, stellt Identitäten in Frage und erhöht die Unsicherheit. Sie erzeugt Gewinner und Verlierer. Das gilt nicht nur mit Blick auf das Einkommen vom Menschen, sondern auch mit Blick auf Status und Anerkennung. Das verstärkt die Spannungen und Konflikte in unseren liberalen Gesellschaften. Und stärkt so autoritäre Kräfte, die scheinbar einfache Lösungen anbieten. Daher ist es unabdingbar, dass bei der Transformation auch soziale und gesellschaftliche Aspekte von Beginn an mitgedacht und berücksichtigt werden.
Entscheidend für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen und Transformationspolitik in der Bevölkerung sind eine angemessene Sprache und eine kluge Kommunikation, die auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern stattfindet. Debatten, die sich um Verbote drehen und mit Angstszenarien arbeiten, können zur grundsätzlichen Ablehnung von Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes führen. Wie aber sieht eine gute Transformations-Kommunikation aus? Wie lassen sich Kulturkämpfe rund ums Klima vermeiden? Wie kann es gelingen, die Bürgerinnen und Bürger für mehr Klimaschutz zu gewinnen und sie bei wirkungsvollen Transformationspolitik mitzunehmen?
Die ökologische Transformation wird tiefe Veränderungen mit sich bringen. Auch wenn das in vielen Aspekten neuartige gesellschaftliche Herausforderungen bedeutet, sollten wir auch nicht vergessen, dass der Osten Deutschlands vor 30 Jahren schon einmal durch enorme Umwälzungen gegangen ist, die die Arbeits- und Lebenswelt der Menschen dort auf den Kopf gestellt haben. Vieles des damals Erlebten, fehlende Anerkennung und Verluste wirken bis heute nach. Wir wären gut beraten, die Wendezeit und den anschließenden Umgang mit den Folgen gut zu analysieren, um Fehler für die derzeitige Transformation zu vermeiden, weil sie nicht scheitern darf. Auch andere Regionen haben Transformationen hinter sich, deren Erfahrungen wir wertschätzen und nutzbar machen sollten.
An Hiobsbotschaften in Bezug auf das Klima herrscht kein Mangel. So notwendig es ist, dass wir aufgerüttelt werden, so klar ist auch: Um die notwendigen gesellschaftlichen Ressourcen für die Transformation freizusetzen, brauchen wir eine hoffnungsvolle und zuversichtliche Grundhaltung. Was können wir für eine solche Haltung in der Gesellschaft tun? Auf welche Ressourcen können wir uns dabei stützen? Kann die Bewahrung unseres Planeten als ein lebenswerter Ort womöglich zu einer sinnstiftenden Leitidee für die Zukunft werden, die uns zusammenbringt? Und welche Rolle spielt dabei ein Bild einer Zukunft, die wir gemeinsam so gestalten können, dass sich dafür die Anstrengungen lohnen – und das sowohl hoffnungsvoll als auch realistisch ist? Wie kann man als Gesellschaft Zuversicht schaffen und erhalten?
Programm
14.00 bis 15.00 Uhr: Ankommen
15.00 bis 15.35 Uhr: Eröffnung
- Grußwort: Prof. Dr. Thomas Puhl, Rektor der Universität Mannheim
- Rede: Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
15.35 bis 16.05 Uhr: Keynote
- Joachim Gauck, Bundespräsident a. D.
16.05 bis 16.20 Uhr: Podiumsgespräch
- Joachim Gauck, Bundespräsident a. D.
- Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
16.20 bis 16.30 Uhr: Key-Impuls zur internationalen Perspektive (Videobotschaft)
- Dr. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission
16.30 bis 16.50 Uhr: Pause
16.50 bis 17.50 Uhr: Podiumsdiskussion
„Transformation als gemeinsame Aufgabe – Politik des Gehörtwerdens und Bürgerengagement“
- Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung
- Dr. Felix Heidenreich, Universität Stuttgart
- Michael Schnepf, Teilnehmer eines Bürgerforums zu einem Transformationsprojekt
- Laura Zöckler, Heidelberger Energiegenossenschaft
- Moderation: Benno Stieber
17.50 bis 19.00 Uhr: Impuls und Podiumsdiskussion
„Die Verantwortung der Wirtschaft für eine gelingende Transformation“
- Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung Robert Bosch GmbH
- Prof. Dr. Hanna Hottenrott, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
- Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin KfW Bankengruppe
- Wolf Lotter, Journalist und Autor
- Philipp Schröder, CEO 1KOMMA5°
- Moderation: Anne Guhlich
19.00 bis 20.00 Uhr: Pause und Ortswechsel
20.00 bis 22.45 Uhr: Abendempfang (Alte Feuerwache Mannheim)
- Grußwort: Christian Specht, Oberbürgermeister Stadt Mannheim
- Science-Slam und Empfang
9.00 Uhr bis 9.25 Uhr: Vortrag
„Zusammenhalt und Freiheit“
- Prof. Dr. Jan-Werner Müller, Princeton University (USA)
9.25 bis 10.15 Uhr: Podiumsdiskussion
„Freiheit und Verantwortung – Freiheit und Gemeinsinn“
- Philipp Krohn, Wirtschaftsredaktion Frankfurter Allgemeine Zeitung
- Prof. Dr. Jan-Werner Müller, Princeton University (USA)
- Prof. Dr. Isabelle-Christine Panreck, Katholische Hochschule NRW
- Moderation: Korbinian Frenzel
10.15 bis 11.20 Uhr: Impuls und Podiumsdiskussion
„Die Geschwindigkeit der Demokratie“
- Prof. Dr. Armin Nassehi, Ludwig-Maximilians-Universität München
- Ralf Fücks, Geschäftsführer Zentrum Liberale Moderne
- Prof. Dr. Christoph Möllers, Humboldt-Universität zu Berlin
- Pauline Brünger, Fridays for Future
- Moderation: Benno Stieber
11.20 bis 11.40 Uhr: Vortrag
„Klimaschutz sozial gerecht gestalten“
- Prof. Dr. Anita Engels, Universität Hamburg
11.40 bis 12.50 Uhr: Mittagspause
12.50 bis 13.50 Uhr: Sessions
I: „Wie reden wir über Klimaschutz und Transformation?“
- Prof. Dr. Bernhard Pörksen, Universität Tübingen: „Das große Rauschen. Aufmerksamkeitsökonomie und Klimakrise.“
- Prof. Dr. Maren Urner, Hochschule für Medien Kommunikation Wirtschaft Köln: „Für eine konstruktive Klimapolitik! Warum wir dafür die Neurowissenschaften brauchen.“
- Prof. Dr. Stefanie Molthagen-Schnöring, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin: „Lasst uns reden!“
II: „Selbstbilder: Zwischen Anerkennung und Verunsicherung“
- Roman Zitzelsberger, IG Metall Baden-Württemberg: „Mitgenommen, nicht zurückgelassen: Sorgen und Hoffnungen der Belegschaft in den Wandel integrieren“
- Prof. Dr. Marc Debus, Universität Mannheim: „Wer sind die Transformationsskeptiker und wie kann Vertrauen in demokratische politische Institutionen zurückgewonnen werden?“
- Dr. Axel Salheiser, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ): „Antidemokratische Krisenmobilisierung und sozial-ökologische Transformation.“
III: „Wer die Geschichte nicht kennt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“
- Prof. Dr. Everhard Holtmann, Zentrum für Sozialforschung Halle e. V.: „Effekte des Lebensumfelds: Doppelter Transformationsschock und Gesellschaftlicher Zusammenhalt.“
- Christian Bangel, DIE ZEIT
- Lisa Kolde, Wuppertal-Institut: „Strukturwandel an Rhein und Ruhr: Generationenprojekt Kohleausstieg.“
14.00 bis 14.30 Uhr: Keynote
- Dr. Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz
14.30 bis 15.30 Uhr: Podiumsdiskussion
„Aus Zuversicht Wirklichkeit machen“
- Prof. Dr. Markus Gabriel, The New Institute
- Dr. Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz
- Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
- Prof. Dr. Hedwig Richter, Universität der Bundeswehr München
- Moderation: Peter Unfried
15.30 Uhr: Abschluss
- Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg