Interveiw

„Nicht von der Angst leiten lassen“

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten diskutiert die Politik über Konsequenzen für die innere Sicherheit. Ministerpräsident Winfried Kretschmann will da nicht mitmachen. Er mahnt im Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa), erst einmal die Ermittlungen abzuwarten – um dann auf der Grundlage von Fakten über konkrete Maßnahmen zu entscheiden.

Deutsche Presse-Agentur: Es sind schwierige und unruhige Zeiten. Mit welchen Gefühlen blicken Sie selbst dem Weihnachtsfest entgegen?

Kretschmann: Ich spüre gerade in diesen Tagen, wie wertvoll der Frieden ist – und gleichzeitig wie gefährdet er ist, im Inneren wie im Äußeren. Es gibt einen zentralen Satz in der Weihnachtsgeschichte, der heißt: „Fürchtet Euch nicht.“ Es ist wichtig, dass wir in so schwierigen Zeiten achtsam und vorsichtig sind, uns aber nicht von der Angst leiten lassen. Dazu kann uns das Weihnachtsfest ermutigen. 

Werden diese schwierigen Zeiten länger andauern?

Kretschmann: Ja – weil die Ursache der Unfriedlichkeit der Fanatismus ist, der vom Nahen Osten ausgehend mittlerweile weit verbreitet ist und zu Kriegen führt. Und zugleich versuchen Rechtspopulisten im In- und Ausland, aus der Angst der Menschen Kapital zu schlagen. Erst, wenn der fanatische Islamismus überwunden ist, können wir auf mehr Frieden in der Welt hoffen. 

Was sagen Sie Menschen, die gerade Angst verspüren? 

Kretschmann: Gefühle der Angst plagen uns alle. Aber ich muss ihnen sagen: Überwindet diese Angst. Terroristen verfolgen das Ziel, dass wir unsere Lebensweise ändern. Dem müssen wir widerstehen, unsere freiheitliche Lebensweise weiter leben und auch unsere Feste weiter feiern. Aber klar ist auch, dass es letztlich auch keinen hundertprozentigen Schutz vor Terrorakten geben kann. Damit müssen wir leben.

Wie bewerten Sie es, dass die Politik bereits über Konsequenzen aus dem Anschlag in Berlin diskutiert? 

Kretschmann: Ohne die Faktenlage richtig zu kennen, ist es weder sinnvoll noch zielführend, solche Debatten im Ansehen dieses Anschlags zu führen. Die Ermittlungen laufen mit Hochdruck. Die müssen absolute Priorität haben. Es ist nicht hilfreich, zeitgleich politisch über alles Mögliche zu spekulieren und verschiedenste Forderungen aufzustellen. Man muss die richtige Reihenfolge einhalten. Wenn alle Fakten geklärt sind, werden wir die Ergebnisse analysieren und mit Nachdruck und zielgenau Konsequenzen ziehen. Natürlich verstärken wir jetzt auch parallel Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Bürger. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass wir uns intensiver mit den sogenannten Gefährdern beschäftigen müssen.

Quelle:

dpa/lsw