Bundesratsminister Peter Friedrich stellte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden 943. Sitzung des Bundesrates vor.
Konto für jedermann
Zu den Gesetzesbeschlüssen des Bundestages, die der Bundesrat am Freitag abschließend berät, gehört das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (TOP 2). Nach dem vorliegenden Gesetz hat jeder Verbraucher in Zukunft Anspruch auf ein Basiskonto. Dieses Recht gilt unabhängig davon, ob sich jemand nur vorübergehend in Deutschland aufhält oder keinen festen Wohnsitz hat. Somit können auch Asylsuchende und Obdachlose künftig ein sogenanntes Basiskonto eröffnen. Zudem sieht das Gesetz vor, die Transparenz bei den Kontogebühren zu verbessern. Banken müssen Verbraucher künftig sowohl vor Vertragsschluss als auch während der Vertragslaufzeit über die Entgelte informieren, die für die Kontoführung anfallen. Schließlich soll der Kontenwechsel für die Verbraucher erleichtert werden.
Sicherung des Wasserpfennigs
Auch auf der Agenda des Bundesrates steht das Wasserhaushaltsgesetz (TOP 5). Mit dem Gesetz sollen Begriffsdefinitionen der Wasserrahmenrichtlinie zu Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu nennt das Gesetz Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen wie den Grundsatz der Kostendeckung unter Berücksichtigung der Umwelt- und Ressourcenkosten sowie die Berücksichtigung des Verursacherprinzips. Die Mehrheit der Länder sieht noch Änderungsbedarf im Hinblick auf die rechtssichere Ausgestaltung des landesrechtlich verankerten Wasserentnahmeentgelts, auch Wasserpfennig genannt. Allein in Baden-Württemberg beträgt das jährliche Aufkommen aus diesen Entgelten ca. 70 Mio. Euro, die bislang überwiegend zum Zwecke des Hochwasserschutzes eingesetzt werden. Hierzu gibt es erste Anzeichen eines Entgegenkommens der Bundesregierung. Sollte – wie nunmehr angekündigt – die Bundesregierung erklären, dass sie das Begehren der Länder aufgreift und noch rechtzeitig bis zum Inkrafttreten der Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes im Zuge eines sogenannten Omnibusverfahrens das Gesetz ergänzt – würden die Länder wie auch Baden-Württemberg voraussichtlich auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichten.
Einführung einer Bagatellgrenze
Baden-Württemberg hatte in der letzten Bundesratssitzung eine Initiative für eine Begrenzung der Mehrwertsteuer-Erstattung für Kunden aus Nicht-EU-Ländern eingebracht. Hintergrund ist die erhebliche Belastung der Zollstellen an der Grenze zur Schweiz, weil viele Schweizer nach einem Einkauf in Deutschland die Rückerstattung auch für Kleinstbeträge fordern. Künftig soll eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer nur bei Überschreitung einer sogenannten Bagatellgrenze von mindestens 50 Euro möglich sein. Die Mehrheit der Länder unterstützt das Anliegen Baden-Württembergs, wonach die Bundesregierung aufgefordert wird, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus
Die Bundesregierung will den Mietwohnungsbau besonders in Gebieten mit angespannter Wohnungslage fördern. Hintergrund ist die durch wachsende Haushalts-zahlen vor allem in den Großstädten gestiegene Wohnungsnachfrage. Mit dem Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (TOP 13) soll eine Sonderabschreibungsmöglichkeit eingeführt werden. Diese soll im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in dem darauf folgenden Jahr bis zu zehn Prozent betragen. Im dritten Jahr sollen es bis zu neun Prozent sein. Begünstigt werden sollen Investitionen, für die zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. Dezember 2018 ein Bauantrag oder eine Bauanzeige gestellt werden. Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung soll letztmalig im Jahr 2022 möglich sein. Außerdem soll die Sonderabschreibung nicht flächendeckend, sondern nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten. Der Fokus der Förderung liegt auf der Errichtung neuer Mietwohnungen, die auch für mittlere und untere Einkommensgruppen bezahlbar sind. Um dies sicherzustellen, wird die Einhaltung einer Baukostenobergrenze von 3.000 Euro/ m² Wohnfläche vorausgesetzt, von der dann maximal 2.000 Euro/ m² Wohnfläche gefördert werden.
Die Ausschüsse empfehlen, zum Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Baden-Württemberg hat eine Länderöffnungsklausel gefordert, die es den Landesregierungen ermöglichen würde, abweichende Gebietskulissen per Rechtsverordnung bestimmen zu können. Außerdem verlangt Baden-Württemberg eine Verlängerung der Fristen der möglichen Inanspruchnahme um zwei Jahre bis Ende 2020 bzw. 2024.
Gesetzentwurf zur Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (TOP 14) sieht vor, dass künftig auch Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Asylanträge von Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten werden in der Regel als offensichtlich unbegründet abgelehnt, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen. Ziel ist es, die Verfahren weiter zu beschleunigen. Im bereits verabschiedeten Asylpaket II sind für Asylsuchende aus sogenannten sicheren Herkunftsländern ferner spezielle Aufnahmezentren vorgesehen, in denen sie das gesamte Asylverfahren durchlaufen.
Die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten erfordert nach dem Grundgesetz die Zustimmung des Bundesrates. In diesem ersten Durchgang haben die Länder zunächst die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abzugeben. Wie die Länder sich zu dem Gesetzentwurf positionieren, ist derzeit noch offen.
Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich
Kernstück des Entwurfs zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich (TOP 17) ist das neue Eisenbahnregulierungsgesetz. Es dient der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2012/34 /EU zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums in deutsches Recht. Gegenstand sind u.a. die Regelungen zur Nutzung der Eisenbahninfrastruktur.
Zentrales Instrument ist die Entgeltregulierung. Diese sieht vor, dass der Betreiber von Schienenwegen Anreize zur Senkung der Infrastrukturkosten und der Trassenentgelte erhält. Der Verkehrsausschuss empfiehlt eine sehr umfangreiche Stellungnahme. Schwerpunkte der Kritik sind Regelungen zur Begrenzung der Trassen- und Stationspreise, danach soll nur noch ein Anstieg der länderspezifischen Infrastrukturkosten um 1,8 Prozent zulässig sein. Daneben wird gefordert, dass die Kapitalverzinsung nicht an den Renditeerwartungen eines börsennotierten Unternehmens, sondern am Daseinsvorsorgeauftrag der Eisenbahninfrastruktur auszurichten sei. Schließung wird auch ein Gewinnabführungsverbot gefordert, wonach der Gewinn der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht in andere Unternehmensbereiche fließen darf.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund