Die Europäische Kommission hat ihre Vorschläge für einen digitalen Binnenmarkt vorgestellt. Dabei legte die Brüsseler Behörde ihre grundlegenden Vorstellungen für einen digitalen Binnenmarkt in der EU dar und legte auch einen Zeitplan für die Vorlage einzelner Maßnahmen vor. „Es passt hervorragend zu den politischen Prioritäten der Landesregierung, dass die EU-Kommission unter Präsident Juncker das Thema ‚Digitale Wirtschaft und Gesellschaft‘ ganz oben auf der politischen Agenda platziert hat“, so Baden-Württembergs Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten, Peter Friedrich.
„Mit EU-Digitalkommissar Günther H. Oettinger haben wir im weiteren Verfahren und auch wenn es darum geht, die konkreten Vorschläge auszuarbeiten, einen hervorragenden Ansprechpartner mit einem offenen Ohr für unsere Ideen und Anliegen. Außerdem kennt Herr Oettinger, der mit dem Thema Digitalisierung ein ganz zentrales Zukunft-Dossier für Europa betreut, die Stärken und die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und unserer Forschungseinrichtungen“, so Friedrich.
Der Vorschlag der EU-Kommission für die neue EU-Strategie für einen europäischen Binnenmarkt stütze sich auf drei Eckpfeiler:
- den besseren Zugang für Verbraucher und Unternehmer zu digitalen Gütern und Dienstleistungen in ganz Europa;
- die Schaffung der richtigen Wettbewerbsbedingungen für digitale Netze und Dienstleistungen;
- die Schaffung einer europäischen digitalen Wirtschaft und Gesellschaft mit langfristigem Wachstumspotenzial.
Minister Friedrich unterstrich: „Diese Bandbreite zeigt, dass es sich um eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung handelt, die Weichen für die digitale Zukunft zu stellen.“ Betroffen seien vor allem Wirtschaft, Verwaltung, Anbieter digitaler Inhalte wie auch deren Nutzer. Außerdem seien sowohl die Sozial- wie auch die Ingenieurwissenschaften gefordert. „Aufgabe der Politik ist es, den Entwicklungen Rechnung zu tragen und dort wo nötig zu fördern oder wo nötig auch Leitplanken zu ziehen“, so Friedrich.
Baden-Württemberg als Leitanbieter und Leitmarkt Industrie 4.0 etablieren
„Die Wirtschaft in Baden-Württemberg hat beim Aufbruch zur intelligenten Produktion der Zukunft ausgezeichnete Startvoraussetzungen“, betonte Friedrich. Im Land sei das Zentrum des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus, Premium-Unternehmen der Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Gemeinsam mit einem führenden Informations- und Kommunikationstechnik-Cluster decke Baden-Württemberg die ganze Bandbreite von Technologien für die Produktion der Zukunft ab. „Intelligent vernetzte Produktionssysteme sind notwendig, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Deshalb will die Landesregierung die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen und Baden-Württemberg als Leitanbieter und Leitmarkt für das Thema Industrie 4.0 etablieren. Dabei dürfen mittelständische Unternehmen aber nicht von der Einführung der intelligenten Produktionstechnologien abgekoppelt werden“, sagte der Minister.
Digitale Zukunft: Leistungsstark, sicher, fair für Anbieter und Nutzer
Insbesondere für Unternehmen – egal ob Weltkonzern oder Mittelständler – sei bei der Digitalisierung das Vertrauen in die Sicherheit der Netze und der Daten von entscheidender Bedeutung. „Wenn wir von einer ‚EU-Cloud‘ sprechen, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass sich deren Nutzer sicher sein können, dass dort liegende Daten genauso sicher sind, als ob diese in Papierform als Konstruktionszeichnungen im Panzerschrank im Chef-Büro sicher verwahrt sind“, forderte Minister Friedrich. Genauso entscheidend werde sein, so Friedrich, dass die Rechen- und Speicherkapazitäten weiter ausgebaut werden.
Auch gilt es einen Ausgleich zwischen Anbietern und Nutzern von Inhalten zu finden: Urheberrechte, online-Handel und Geoblocking seien hierbei die zentralen Schlagworte. „Die Landesregierung steht zum Schutz des geistigen Eigentums. Um aber einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer und den Interessen der Urheber und Rechteinhaber zu schaffen, muss sich das Urheberrecht für die Belange der Verbraucher öffnen. Als wichtiger Standort der Medien- und Kreativwirtschaft ist uns ein zeitgemäßes Urheberrecht wichtig“, so Minister Friedrich. Die kulturelle Vielfalt sei ein hohes Gut. Wer das Thema Geoblocking angehen wolle, sei gut beraten zunächst alle möglichen Folgen, insbesondere die Auswirkungen auf die Filmwirtschaft, gründlich zu prüfen. „Da bin ich mit EU-Kommissar Oettinger auf einer Linie“, so der Europaminister. Baden-Württemberg werde die verschiedenen Vorschläge für die Einzelmaßnahmen, die kommen werden, genau prüfen, kündigte Friedrich an.
Minister Friedrich begrüßte es zudem, dass die EU bei ihrer Strategie zur Digitalisierung ausdrücklich auch E-Health bzw. die Gesundheitstelematik erwähnt. „Hier sehe ich ein großes Potenzial, das wir bestmöglich zum Nutzen der Patientinnen und Patienten ausschöpfen müssen. Eine gute Kombinierbarkeit verschiedener Systeme – also die Interoperabilität – und Standards für eine sichere Kommunikation sind dabei neben einer entsprechenden Infrastruktur von fundamentaler Bedeutung“, so Minister Friedrich.
Ausbildung junger Menschen an Erfordernisse der Zukunft anpassen
Die zunehmende Digitalisierung und Industrie 4.0 verändere nicht nur die Produktion, sondern auch die Arbeitsprozesse, Arbeitsinhalte sowie die Aus- und Weiterbildung. „Nur durch ein Zusammenspiel von Technik, Organisation und Mensch kann der Prozess gelingen, denn die Mitarbeiter bleiben auch weiterhin die zentralen Faktoren der Produktion“, betonte der Minister. „Wir wollen insbesondere im Bereich der Ausbildung dazu beitragen, junge Menschen fit für die digitale Arbeitswelt machen. Dazu hat die Landesregierung auch schon Mittel für Projekte zur Digitalisierung von Lehre und Forschung bereitgestellt.“ Damit trete das Land in eine breite Pilotphase zur Erprobung von digital gestützten Lern- und Forschungsmethoden ein, unter Einbeziehung aller Schul- und Hochschularten inklusive der beruflichen Schulen.
Ein wichtiges Anliegen von Europaminister Friedrich sei es auch im grenzüberschreitenden Kontext das Thema Digitalisierung zu etablieren. So könnte etwa die grenzüberschreitende berufliche Bildung noch stärker von diesem Aspekt profitieren. Baden-Württemberg habe beispielsweise im Sommer 2013 eine Rahmenvereinbarung über die grenzüberschreitende Berufsausbildung am Oberrhein geschlossen. Junge Menschen aus Baden-Württemberg und dem Elsass können über den Rhein hinweg ihre Berufsausbildung abschließen. „Unser gemeinsames Ziel ist, dass die Job-Chancen sich für junge Menschen links und rechts des Rheins dadurch erhöhen, da die Abschlüsse auf deutscher wie auf französischer Seite anerkannt werden und dies auch bei potentiellen Arbeitgebern präsent ist“, so Friedrich.
Weichen in Politik und Verwaltung im Land gestellt
Um die Aktivitäten Baden-Württembergs zu bündeln und zu koordinieren wurde bereits vor Längerem eine interministerielle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in deren Rahmen die betroffenen Fachressorts Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung ressortübergreifend diskutieren und Lösungen erarbeiten. Mit der Einsetzung einer Geschäftsstelle Digitalisierung im Staatsministerium habe die Landesregierung eine zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle geschaffen. „Dies unterstreicht den hohen Stellenwert, den das Thema Digitalisierung bei Politik und Ministerialverwaltung hat“, so Friedrich weiter. „Deshalb sind Landesregierung und Landesverwaltung auch fit für die Zukunft.“
Kommissionsvorschlag zu einem europäischen digitalen Binnenmarkt
Der Kommissionsvorschlag zu einem europäischen digitalen Binnenmarkt vom 6. Mai 2015 stützt sich auf drei Eckpfeiler mit verschiedenen Unterpunkten; diese sind z.B.:
1. Besserer Zugang für Verbraucher und Unternehmer zu digitalen Gütern und Dienstleistungen in ganz Europa
- Harmonisierte Regeln für Online-Käufe von digitalen Inhalten (Bsp.: e-books)
- Öffentliche Konsultation und Vorbereitung einer Initiative im Bereich Paketzustellung
- Öffentliche Konsultation zur Beseitigung ungerechtfertigter geografischer Sperren für Internetinhalte (Geoblocking)
- Mehrwertsteuer: weitere Vereinfachung und Harmonisierung der Regeln für die Anwendung der Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Online-Verkäufe
- Maßnahmen im Bereich des Urheberrechts
2. Schaffung der richtigen Wettbewerbsbedingungen für digitale Netze und Dienstleistungen
- Öffentliche Konsultation zu Online-Plattformen (verbesserte Transparenz für Verbraucher)
- Umfassende Überprüfung der Telekommunikationsvorschriften
3. Schaffung einer europäischen digitalen Wirtschaft und Gesellschaft mit langfristigem Wachstumspotenzial
- Digitalisierung der Industrie - Standardisierung und Interoperabilität (vorrangig in den IKT-Bereichen Verkehr, Gesundheit und Fertigung)
- Datensparsamkeit (Big Data, Cloud, Internet der Dinge)
4. Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Bürger und Unternehmen der größtmögliche Nutzen aus einer integrativen E-Gesellschaft ziehen.
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