Bürgerbeteiligung

Ministerrat beschließt Planungsleitfaden

Der Ministerrat hat den Entwurf von Staatsrätin Erler für einen Leitfaden für eine neue Planungskultur zur Anhörung frei gegeben. „Mit dem Planungsleitfaden werden den Landesbehörden im Rahmen des geltenden Rechts verbindliche Vorgaben für die Bürgerbeteiligung gegeben und Handlungsspielräume für die Bürgerbeteiligung bei Großvorhaben, zum Beispiel planfeststellungspflichtigen Projekten, aufgezeigt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Der Planungsleitfaden setzt neue Maßstäbe für die Planungskultur in Baden-Württemberg. Die Kernidee ist: früh, verbindlich und flexibel.“

Der Planungsleitfaden besteht aus zwei Teilen: Einer Verwaltungsvorschrift und einem Leitfaden mit beratendem Charakter als Ergänzung hierzu. „Es ist bundesweit einmalig, dass solch ein Planungsleitfaden nicht nur empfehlenden Charakter hat, sondern mit der Verwaltungsvorschrift auch richtig ‚Biss‘ bekommt“, sagte Staatsrätin Erler.

„Immer wenn das Land selbst Vorhabenträger ist, gibt es eine Selbstbindung des Landes eine frühe und kontinuierliche Bürgerbeteiligung umzusetzen“, so Erler. In der Verwaltungsvorschrift werde beispielsweise vorgegeben, dass die Behörde auf den Vorhabenträger hinwirken muss, mehr Bürgerbeteiligung durchzuführen. Das betreffe die Phase vor und auch nach der Antragstellung. „Damit sichern wir einen ständigen Blick auf die Bürgerverträglichkeit von Großprojekten“, sagte die Staatsrätin.

Eine neue Methode sei das Beteiligungsscoping, ein konkreter Fahrplan für die Bürgerbeteiligung. Hierbei werde vom Vorhabenträger gemeinsam mit relevanten Akteuren entschieden, ob für die jeweilige Verfahrensstufe eine Bürgerbeteiligung geboten sei und – falls dies bejaht werde – welche Beteiligungsmethoden anzuwenden seien. „Mit dem Beteiligungsscoping sichern wir den Umgang mit den Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe. Aber wir gehen nicht mit dem Kopf durch die Wand. Bürgerbeteiligung ist kein Selbstzweck. Wir brauchen Flexibilität. Wenn es keinen Bedarf gibt, muss die Bürgerbeteiligung auch nicht reflexartig angewendet werden“, betonte Staatsrätin Erler. Das Land werde als Vorhabenträger die im Beteiligungsscoping vereinbarten Maßnahmen als nicht förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzlich zu den in den formellen Verfahren geregelten Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung durchführen.

Es wird zudem eine neuartige Verknüpfung von informellen Beteiligungsprozessen mit dem formellen Verwaltungsverfahren geben. „Diese Verzahnung ist das Herzstück des Planungsleitfaden“, unterstrich Erler. Deshalb erstrecke sich beispielsweise die Verpflichtung der Behörden von Amts wegen Sachverhalte zu ermitteln ausdrücklich auch auf die Erkenntnisse der Bürgerbeteiligung. In der abschließenden Entscheidung müssen diese Erkenntnisse dann gewürdigt werden. Denn oft seien engagierte Bürgerinnen und Bürger enttäuscht gewesen, dass die vielen Diskussionen in der Entscheidung der Behörde gar nicht auftauchen. „Aber es bleibt bei einer klaren Trennung der Verantwortlichkeiten: die Behörde entscheidet. Wir mischen die frühe Bürgerbeteiligung nicht mit Elementen der direkten Demokratie, die in der Regel zeitlich erst viel später und damit zu spät zum Einsatz kommen können“, sagte Frau Staatsrätin Erler.

Ferner wird in der Verwaltungsvorschrift der Umgang mit Gutachten geregelt. So sollen Fragestellungen an Gutachter einvernehmlich mit den interessierten Bürgerinnen und Bürgern formuliert werden. Zudem müsse in der Kostenkalkulation des Landes zukünftig ein Budget für die Bürgerbeteiligung vorgesehen werden, betonte Erler.

Der beratende Teil des Planungsleitfadens beinhaltet neben ausführlichen Erläuterungen zur Verwaltungsvorschrift viele praktische Tipps für die Behörden. Es werden erfolgreiche Beispiele von Bürgerbeteiligungen dargestellt. Auch die Grenzen der Bürgerbeteiligung und ihre Abgrenzung zur direkten Demokratie, das sogenannte Erwartungsmanagement, werden erläutert.

Eine Untersuchung des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung in Speyer ergab, dass für die Umsetzung der Verwaltungsvorschrift und des Leitfadens im besten Fall mit einer Stellenersparnis von 4,5 Stellen und im schlechtesten Fall mit einem Mehrbedarf von bis zu 9,5 Stellen gerechnet werden kann. „Auf Basis dieser ersten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sowie Aufgaben- und Wirkungsanalyse des Forschungsinstituts hat die Kommission für Haushalt und Verwaltung Anfang Oktober beschlossen, im zweiten Nachtragshaushalt neun Stellen einzubringen“, sagte Staatsrätin Erler.

Bereits der Entstehungsprozess des Planungsleitfadens begründete einen Kulturwandel für Regierungshandeln im Land, unterstrich Ministerpräsident Kretschmann. „Wir haben den Planungsleitfaden nicht im stillen Kämmerlein entworfen sondern ein halbes Jahr lang in einem intensiven Beteiligungsprozess mit Expertinnen und Experten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesbehörden, mit Verbänden der Zivilgesellschaft, Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt mit Parlamentariern viele Ideen gesammelt, abgewogen und gemeinsam entschieden.“ Dabei seien zahlreiche Anregungen und Empfehlungen aufgenommen worden, die in die Inhalte und Formulierungen des Planungsleitfadens eingeflossen sind. „Während der Entwicklung des Planungsleitfadens führte der Austausch zu einem gemeinsamen Lernen und Selbstverständnis über die Umsetzung einer modernen Planungskultur“, so Kretschmann.

Beteiligungsportal: Leitfaden für eine neue Planungskultur

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