„Baden-Württemberg wie auch Österreich profitieren ganz besonders stark von der Währungsunion. Es ist daher in unserem ureigensten Interesse, dass notleidende Staaten nicht fallen gelassen werden. Daher sagen wir ja zu den Euro-Rettungsschirmen EFSF und zum ESM als Kriseninstrument. Für eine dauerhafte Lösung brauchen wir aber neben diesen Feuerwehrmaßnahmen strukturelle Veränderungen in Gestalt einer umfassenden Finanzmarktregulierung zur Krisenprävention", so der baden-württembergische Europaminister Peter Friedrich am Donnerstag in Wien vor Vertretern der baden-württembergischen Wirtschaft und österreichischen Wirtschaftsverbänden.
Rettungspakete und die Aufstockung der Rettungsschirme hätten bislang keinen durchgreifenden Erfolg gezeigt, so der Europaminister weiter. „Wir brauchen eine umfassende Strategie zur Stabilisierung des Euro. Das bedeutet auch mehr Kompetenzen für die EU.“ Zu solch einem vorbeugenden Brandschutz gehörten zum Beispiel eine EU-weite Finanztransaktionssteuer, die Einführung von Eurobonds, die Regulierung der Ratingagenturen bzw. die Gründung einer EU-Ratingagentur sowie flankierende Wachstumsprogramme etwa in Form eines Marshall-Plans für Europa. Friedrich: „Wir müssen die EU hin zu einer demokratischen Fiskalunion entwickeln. Hierzu bedarf es der Änderungen der vertraglichen Grundlagen der EU, die keinesfalls in den Hinterzimmern erarbeitet werden dürfen. Ich spreche mich daher für die zeitnahe Einberufung eines Europäischen Konvents unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft aus, der das ordentliche Vertragsänderungsverfahren vorbereiten soll. Ich erwarte vom Europäischen Rat im Dezember einen entsprechenden Auftrag“, so der Minister.
Das Thema EU-Erweiterung war lediglich ein Randthema bei den Gesprächen in Wien: Friedrich betonte, auch vor dem Hintergrund des Arabischen Frühlings sei eine Wiederbelebung der seit mehr als einem Jahr blockierten Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU wichtig. „Eine in die Strukturen der EU eingebundene Türkei wäre ein Leuchtturm dafür, dass unsere Vorstellungen von Rechtsstaat und Menschenrechten erfolgreich auch in islamisch geprägten Gesellschaften praktiziert werden können. Nur der Beitrittsprozess wird in der Türkei die dringend erforderlichen rechtsstaatlichen Reformen und die Demokratisierung der staatlichen Institutionen voranbringen.“
Quelle:
Staatsministerium Baden-Württemberg