Asylrecht

„Wir sind verhandlungsbereit“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht in Böblingen in einer Flüchtlingsunterkunft mit Bewohnern (Bild: © dpa)

Die Bundesregierung will Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsländer einstufen, um Asylbewerber von dort leichter zurückschicken zu können. Für die Reform ist aber die Zustimmung des Bundesrats nötig. Dort gibt es wegen der Bedenken aus Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung noch keine Mehrheit. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht nun die Bundesregierung am Zug. Diese habe bisher kein konkretes Angebot vorgelegt, sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Am 19. September soll der Bundesrat über die Reform des Asylrechts abstimmen. Was ist denn der Stand der Verhandlungen zwischen den Ländern und dem Bundeskanzleramt?

Winfried Kretschmann:
Es gab ein erstes Treffen vor der Sommerpause, seitdem ist trotz unseres Drängens nichts passiert. Die Bundesregierung legt kein Angebot vor. Deshalb sind wir so weit wie nach dem ersten Gespräch, in dem man sich nur relativ oberflächlich ausgetauscht hat.

Unionspolitiker werfen den Grünen vor, die Reform zu blockieren...

Kretschmann:
Wir sind sehr ernsthaft verhandlungsbereit. Uns geht es um zwei Dinge: Einerseits müssen die Kommunen entlastet werden, unter anderem dadurch, dass Asylbewerber in das normale Gesundheitsversorgungssystem integriert werden und der Bund die Kosten übernimmt. Die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge muss dringend verbessert werden. Zweitens müssen die Asylsuchenden arbeiten können. Jetzt ist die Bundesregierung bereit, die Frist bis zur Arbeitsaufnahme auf drei Monate zu verkürzen. Es besteht aber nach wie vor die sogenannte Vorrangregelung. Das heißt, die Arbeitsämter müssen in einem langwierigen Verfahren prüfen, ob ein deutscher Bewerber nicht für denselben Job infrage kommt. Das ist angesichts des grassierenden Fachkräftemangels nicht zeitgemäß und dient nicht den Interessen unserer Unternehmen.

Die Grünen fordern die Abschaffung der Vorrangregelung?

Kretschmann:
Ja. Wir wollen, dass die Vorrangregelung fällt. Sie hat sich noch nie als praktikabel erwiesen. Fast 98 Prozent der Asylbewerber sind nicht erwerbstätig.

Aber mit der Ausweisung von Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsländer können Sie leben?

Kretschmann:
Das ist der Verhandlungsgegenstand. Wir sind überzeugte Anhänger eines individuellen Asylverfahrens. Das muss gewährleistet bleiben. Aber aufgrund der hohen Flüchtlingsströme aus den Krisenregionen des Nahen Ostens muss was passieren, deshalb sind wir zu Verhandlungen bereit. Die Unterbringung der Flüchtlinge kostet das Land und die Kommunen sehr viel Geld. Wir stellen dazu Geld bereit. Aber auch der Bund muss die Kommunen ein Stück weit entlasten und dafür sorgen, dass Asylsuchende, indem sie arbeiten können, selbst zu ihrem Lebensunterhalt beitragen.

Ist eine Einigung bis zum 19. September überhaupt noch möglich?

Kretschmann:
Das liegt nicht an uns. Wir warten auf ein Angebot und auf ernsthafte Verhandlungen. Die Einigung könnte bis dahin erfolgen. 

Quelle:

dpa
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