Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammern Baden-Württembergs im Neuen Schloss in Stuttgart zu einem Meinungsaustausch getroffen.
„Die Wirtschaft ist für unser Land von wichtiger Bedeutung, denn sie sichert den Wohlstand unserer Bürgerinnen und Bürger. Der Austausch zwischen Wirtschaft und Politik ist mir daher sehr wichtig“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Treffen mit den Präsidenten und Hauptgeschäftsführern der Industrie- und Handelskammern Baden-Württembergs am Mittwoch (12. Februar 2014) in Stuttgart. „Wir hatten einen sehr offenen und produktiven Meinungsaustausch. In vielem waren wir uns einig, aber wir haben auch unsere unterschiedlichen Standpunkte ausführlich dargestellt und Dissense nicht ausgespart.“
Dr. Peter Kulitz, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), pflichtete dem bei: „Gerade der konstruktive Austausch liegt der Wirtschaft sehr am Herzen. Denn unser Land steht vor großen Herausforderungen. Das hat die Diskussion rund um die zentralen Politikfelder Haushalt und Steuern, Energie, Verkehr und Bildung gezeigt. Hier haben wir deutlich gemacht, was uns als Wirtschaft bewegt.“
Verkehrsinfrastruktur
Thema des Meinungsaustausches war unter anderem die Verkehrsinfrastruktur. „Die Verkehrsinfrastruktur ist massiv unterfinanziert. Aber der Ball liegt hier auch beim Bund: Wenn wir mehr Geld erhalten, können wir mehr Straßen bauen“, sagte Kretschmann. „Bei Landesstraßen sind aber ab 2015 Neubeginne möglich“, kündigte Kretschmann an. Das Verkehrsministerium erstelle aktuell das Bauprogramm für den Landesstraßenbau 2015-2020. „Wir haben mit der Priorisierung der Landesstraßen hierfür in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren gute Vorarbeit geleistet“, betonte der Ministerpräsident. „Mehr Geld ins System bekommen wir aber auch, wenn sich das Land gegenüber dem Bund dafür einsetzt, die Nutzerfinanzierung auf eine breitere Basis zu stellen“, betonte BWIHK-Präsident Kulitz.
Energiewende
Bei der Energiewende fehlten weiterhin verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende, kritisierte Kretschmann. „Die vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte zur EEG-Reform können zwar als Diskussionsgrundlage dienen. Vieles wird jedoch von der konkreten Ausgestaltung der Beschlüsse abhängen.“ Der im Netzentwicklungsplan 2013 für Baden-Württemberg als erforderlich angesehene Ausbau des Stromnetzes schreite voran. Weitere wichtige energiepolitische Ziele seien die Vergrößerung des Anteils der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung, der ausreichende Zubaukorridor für Windkraftanlagen und die Gewährleistung des Vertrauensschutzes für Investoren insbesondere in Windenergie, so Kretschmann. „Darüber hinaus müssen die EEG-Umlage-Befreiungstatbestände wieder auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden.“
Kretschmann und Kulitz zeigten sich einig: die Energiewende könne nur gelingen, wenn Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit miteinander einhergingen. Diese drei Kriterien müssten gleichermaßen erfüllt werden, dies gälte insbesondere für einen hochindustrialisierten Wirtschaftsstandort wie Baden-Württemberg.
Bildung
Beim Thema Bildung unterstrich der Ministerpräsident: „Durch die individuelle Förderung in den Gemeinschaftsschulen erwarten wir, dass der Bildungsgrad steigt. Wie die neuesten Zahlen belegen, wird die Gemeinschaftsschule gut angenommen und stößt auf große Akzeptanz.“ Es sei klar, dass die Sekundarstufe II einer Gemeinschaftsschule in Konkurrenz zu den Beruflichen Gymnasien stehe. „Ob ein Antrag auf eine Sekundarstufe II gestellt wird, liegt in der Hand der Kommunen als Träger der Gemeinschaftsschulen. Um eine echte Konkurrenz zu vermeiden, ist deshalb eine gute Abstimmung vor Ort wichtig“, unterstrich Kretschmann. Eine enge Abstimmung sei bei der Regionalen Schulentwicklungsplanung der Beruflichen Schulen auch mit den Kammern und der Wirtschaft vorgesehen, so der Ministerpräsident.
„Den rechnerischen Fehlstundenanteil an Beruflichen Schulen haben wir durch umfangreiche Stellenumschichtungen aus anderen Schulbereichen auf historisch niedrige Werte zurückgefahren“, sagte Kretschmann. Bei den Beruflichen Schulen konnte er seit dem Regierungswechsel kontinuierlich von damals 4,4 Prozent auf zuletzt 2,6 Prozent gesenkt werden. Bei den Teilzeit-Berufsschulen von 8,2 Prozent auf 5,6 Prozent. Um ausreichend Lehrkräfte für die Berufsschulen zu gewinnen, habe das Land in Mangelbereichen Sonderwege in den Schuldienst geöffnet. „Hier appellieren wir aber an die Landesregierung, das strukturelle Defizit an den Berufsschulen insgesamt weiter abzubauen. Denn von der besseren Lehrerversorgung profitieren weniger die Berufsschulen als die beruflichen Vollzeitschulen“, betonte BWIHK-Präsident Kulitz.
„Natürlich verstehe ich auch den Wunsch der Industrie- und Handelskammern nach einer Erweiterung des Ganztagsangebots an fünf Tagen in der Woche, in den Ferien und an allen Schulen“, sagte Kretschmann. „Wir haben mit den Eckpunkten einen ersten Schritt für ein besseres Ganztagsangebot an Grundschulen gemacht. Wie es sich insgesamt entwickelt, wird entscheidend von der Nachfrage, aber auch von dem finanziellen Rahmen abhängen, der uns dafür zur Verfügung steht.“
Auch die Stärkung der dualen Berufsausbildung sei gemeinsames Anliegen der IHKen und der Landesregierung. „Wir ziehen hier an einem Strang, zum Beispiel im Bündnis für Ausbildung“, sagte Ministerpräsident Kretschmann. „Es ist wichtig, dass die jungen Menschen gut für ihren Beruf ausgebildet werden. Dazu gehört, dass sie schon in ihrer Ausbildung praxisgerecht vorbereitet werden.“ Wichtig sei auch die gemeinsame Arbeit in der Allianz für Fachkräfte und beim Ausbau der Bildungspartnerschaften. „Wir müssen uns aber dringend darum kümmern, dass die Betriebe freie Lehrplätze wieder besser besetzen können. Denn mehr und mehr Abiturienten drängen an die Hochschulen und manche erkennen zu spät, dass der Weg der Dualen Ausbildung für sie passender gewesen wäre. Hier müssen wir dringend ansetzen, um schnellstmöglich gegenzusteuern“, betont der BWIHK-Präsident abschließend.
Quelle:
Staatsministerium Baden-Württemberg / Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag